07.01.2022: ALICE HOFFMANN

Burka wäre auch was für Männer

Schauspielerin Alice Hoffmann hat die Zeichen der Zeit erkannt

Die Zeit rennt, aber jede Zeit hat ihre eigenen Gesetze. Das hat auch Alice Hoffmann erkannt. Die „Kittelschürz‘ der Nation“ aus dem Saarland war am vergangenen Freitag im Rahmen der Kabarett-Serie beim Grafschafter Verein Kulturlant zu Gast. „Die Zeichen der Zeit“ lautet das aktuelle Programm von Alice Hoffmann, die sich überaus glücklich zeigte, wieder einmal vor Publikum auftreten zu können. Auf der Lantershofener Bühne im Winzerverein plauderte fast zwei Stunde vom Küchentisch aus über ihre Sicht auf die Dinge, vor allen Dingen aus der Zeit von „Fünf vor Corona.“ Dabei verhaspelte sie sich immer wieder gerne, scheiterte mit Fremd- und „Bekanntwörtern“ spätestens dann, wenn es zur Übersetzung ins Saarländische kam. Dem Publikum gab sie dafür erst einmal einen kleinen Vokabel-Exkurs in ihrem Dialekt, der beispielsweise gar keine Artikel für Frauen kennt, zumindest nicht die gebräuchlichen. „Es“ heißt es im Saarland, in dem sie in der Kultsendung „Familie Heinz Becker“ als „Es Hilde“ bundesweit zu Bekanntheit gelangte. Und dass keine saarländische Stadt bei Deutschland-Karten im Fernsehen zu sehen sei, gleichen die Sender durch Vergleiche aus. Denn das Saarland sei ein Eichmaß für Katastrophen: „Wenn es in Kanada Hochwasser hat oder in Australien der Wald brennt, dann oft in einer Fläche von den Ausmaßen des Saarlandes“, so Hoffmann.

Die „Hilde“ hat sie mittlerweile abgelegt, auch die Kunstfigur der „Vanessa Backes“, die Person an sich ist aber geblieben, nämlich die Hausfrau, die der Welt die Welt erklären will. Dazu nutzt sie ihre Erfahrungen, zum Beispiel beim Tipp an die älteren Besucherinnen im Saal: „Man kann mit 60 Jahren auch wie eine 40-jährige sein. Aber nur eine halbe Stunde am Tag.“ Wichtig sei dabei die Fitness, zeigte Hoffmann, dass man auch mit Besen und Schrubber zum Nordic Walking ansetzen kann. Großen Raum nahm die Auseinandersetzung mit den Religionen ein, ein aktuell gefundenes Kabarett-Thema. Im Burka-Ersatz, zusammengestellt aus alten schwarzen Tüchern, kann sie die Aufregung um das Kleidungsstück vor allem in der katholischen Kirche so gar nicht verstehen: „Die Nonnen sehen doch genauso aus.“ Im Übrigen wäre die Burka doch auch etwas für Männer, dann könnten sie bei sommerlicher Hitze statt des Anzugs im Büro auch den Schlafanzug drunter tragen. Und auch für Bankräuber biete der Überwurf nur Vorteile. Hoffmanns Forderung und Fazit war also: „Burka für alle!“

Alice Hoffmann berichtete über ihre Lieblingssendung mit „Jauche-Günther“ und spielte mit dem Publikum „Wer wird Millionär.“ Wobei sie dann auch schnell zum leidigen Thema der Finanzen kam. Aber da gibt es eine klare Meinung: „Geld alleine macht nicht glücklich. Es muss einem auch gehören.“

Veranstaltungsankündigung

Als „Hilde Becker“ aus der ARD Kultserie „Familie Heinz Becker“ wurde Alice Hoffmann bundesweit bekannt in ihrer Paraderolle der naiven, lieben aber einfältigen Hausfrau. Aktuell ist sie als Vanessa Backes in der TV-Comedie-Serie “Schreinerei Fleischmann” und in der Kabarettsendung „Spätschicht“ zu sehen.

„Zeichen der Zeit“ ist der Titel ihres neuen Soloprogramms. Am Kaffeetisch werden die Zeichen der Zeit am eigenen Körper aber auch in der heutigen Gesellschaft gedeutet.

Doch von gemütlicher Kaffeekränzchen-Atmosphäre keine Spur. Ihre Gedanken laufen Amok: Passen Frauenfußball, Burka und Demokratie zusammen in das Deutsche Wohnzimmer? Oder wird der Raum dringend gebraucht für Sahnetorte, Fitnesswahn und Rassismus? Was wird aus dem Saarland, wenn AKK Kanzlerin wird? Wie geht man korrekt mit farbigen Oberärzten um ?

Hinter antiquierter Kassengestell Brille und gewagtem Kittelschürzen-New-Look-Blusenkleid steckt eine patent-gewiefte, begriffsstutzig-schlaue, naiv-kluge, provinzielle Dame von Format. Die brillante Schauspielerin Alice Hoffmann, zeichnet subtil ihr Frauenportrait, unterhaltsam, zum Ablachen, aber auch wohldosiert nachdenklich, kommt von Diäten über den Bauchtanz am Bügelbrett und dem modernen Terrorismus – oder etwa Tourismus? – spielend leicht zur Burka für alle.

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