27.02.16: Carmela de Feo ist “La Signora”

Wirbelwind und Escort-Girl für Hässliche

„La Signora“ Carmela de Feo nahm in Lantershofen kein Blatt vor den Mund

Was war das denn? Als „La Signora“ wirbelte die Carmela de Feo, Oberhausenerin mit italienischen Wurzeln, am Samstag mehr als zwei Stunden lang über die Kulturlant-Bühne im Lantershofener Winzerverein und löste dabei unter den mehr als 200 Besuchern Begeisterungsstürme aus. „Das war das Beste, was ich bisher bei Kulturlant erlebt habe“, war ein Gast noch lange nach dem Programm sichtlich hin und weg. Wohlgemerkt, ein war ein männlicher Gast. Die Herren waren an diesem Abend absolut in der Unterzahl. Wohl wissend, dass sie von der selbsternannten Diseuse, Direkteuse und Dompteuse mit Dutt und Denkerstirn auf ganz besondere Weise ihr Fett wegbekommen würden. Denn die Signora lud nicht nur zum Männerwichteln ein, sie hatte auch klare modische Vorstellungen, was man dem „Escort-Girl für Hässliche“ nicht unbedingt ansah. Entsprechend teilte sie aus, sah die Herren im Publikum überwiegend gekennzeichnet mit hässlichen karierten Hemden. Überhaupt spielte die studierte Akkordeon-Musikerin mit absolviertem Tango-Meisterkurs mit dem kompletten Auditorium, da wagte schnell niemand mehr eine unüberlegte Bewegung. La Signora entging nichts und sie wußte vieles nicht nur zu kommentieren, sondern stieg immer von der Bühne herab, um sich ins Publikum zu mischen und Interviews zu führen. Der ganze Saal wurde zur großen Mitmachzone, den Besuchern stockte der Atem und dennoch waren als Teil der ganzen Show am Ende restlos begeistert.

La Signora hatte, wie sollte es auch anders sein, Redebedarf. Über Männer beispielsweise, oder über die Ehe. Sie stellte ihre besonderen Fähigkeiten in den Raum: „Ich kann aus Krampfadern lesen“ und berichtete über ihre Teilnahme an der Kochshow. „Beim Promille-Dinner gab es bei mir Spaghetti Kukidente, besonders bissfest.“

Und immer wieder griff La Signora zu ihrem Lieblingsinstrument, um sich die Dinge des Alltags von der Seele zu singen. „Willkommen in der Mittelschicht, mehr gibbet nicht, als kalte Füße und ein Fertiggericht“, war da zu hören. Oder die Ballade von der mit Pasta bekochten Gesellschaft, bei der das Essens mangels Sieb durch nicht ganz reine Haarnetz abgeschüttet wurde. Da hieß es dann zur Melodie von „Weiße Rosen aus Athen“ eben „Schwarze Nudeln aus Versehn.“ Das Kopfkino ließ grüßen. An Selbstbewußtsein mangelte es jedenfalls nicht. Selbst Gott mischte sich als Stalker ins Programm ein und mußte immer wieder beruhigt werden. Schließlich entdeckte La Signora aber, dass sie selbst zu vergöttern sei, die „Ruhr-Gebieterin“ eben. Das Auditorium huldigte ihr und ließ sich geduldig manipulieren. Denn sie kannte ja die wahre Schöpfungsgeschichte: am Anfang gab es nämlich die Frauen. Oder besser: mehrere davon. Schließlich war es ja das Paradies, ehe Gott aus ein paar Restabfällen den Mann schuf. Der nahm ihr die Geschichte an diesem Abend in Lantershofen aber nicht übel. Derweil liefen so manchem Gast die Tränen vor Lachen übers Gesicht. „Dat Schminken hätteste dir sparen können, du siehst aus wie das Phantom der Oper“, so La Signoras Kommentar dazu.

Veranstaltungsankündigung

Da isse wieder: Sie ist nicht eine Frau, sondern DIE Frau. La Signora. Diseuse. Direkteuse. Dompteuse. Mit Dutt und Denkerstirn revolutioniert Carmela de Feo auch in ihrem dritten Bühnenprogramm wieder gängige Auffassungen weiblicher Erotik. Und liefert dazu mondäne Gags im Akkord.

Die Lady in Black is back: „Man nennt mich La Signora und ich bin eine Frrrauu.“ Mit diesem Satz hat sich Carmela de Feo selbst ein Comedy-Denkmal gesetzt. Mit Hirn, Scharme und Schnauze setzt sie neue Akzente in der deutschen Humorlandschaft. Schwarz ist das neue Pink: Die Femme Brachial gibt sich gewohnt kühn und kühl, zeigt aber auch jede Menge Gefühl.

Nach ihren verzweifelten Bräutigamfang-Versuchen resigniert La Signora in ihrem dritten Programm keineswegs. Sie ist nicht mehr von Kopf bis Fuß auf Hiebe eingestellt, sondern scheucht sich selbst unbarmherzig wie einen Gaul durch den Ernst des Lebens. Sucht hemmungslos nach Menschen, denen es noch schlechter geht als ihr. Allen, die sinnsuchend durchs Leben stolpern, raunt das rassige Ruhrgebietsvollweib mit Italo-Wurzeln seine geballte Lebensweisheit zu: Für alles gibt es eine Lösung: „Träume nicht Dein Leben, sondern nimm Deine Tabletten!“

Wenn die eiserne Lady aus Oberhausen mit flinken Fingern ihr Instrument umgarnt und ihr Mundwerk dazu Tango tanzt, liegt ihr nicht nur die Männerwelt zu Füßen. Virtuos und angstfrei tastet sie sich an die Themen, die uns wirklich bewegen: Ob Eskort-Service für Hässliche oder Frühstück nach dem Tod, mit jeder Menge Feuer im Faltenrock präsentiert die Schwarze Nudel des Frauenkabaretts mondänes musikalisches Komasaufen: Wahnwitzig mutiert sie von der „Sex Bomb“ zur Miss Marple. Und wenn die graubestrumpften Beine auch mal Riverdance tanzen, versinkt der Zuschauer hilflos im Bällchenbad der Emotionen. Trotzdem, La Signora zeigt immer noch, wer hier den Gehrock anhat. Fast meint man, unter ihrem gestrengen Nadelstreifenblüschen ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Ich Chefin, du niente!“ aufblitzen zu sehen. Und wenn sie mit gestrengem Blick durchs Publikum marschiert, dann sollte der Zuschauer seine Tabletten griffbereit haben. Denn der fleischgewordene Mix aus Sophia Loren und Mutter Beimer ist der Traum, den bislang keiner gewagt hat, zu träumen. Ein Haarnetz für ein Halleluja!

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