12.03.2022: STEFAN WAGHUBINGER

Burnout muss man sich erarbeiten

Der Österreicher Stefan Waghubinger war auf der Kabarettbühne in Lanterhofen zu Gast

Die sanft klingende Stimme, gespickt mit schwarzem Humor und einer gehörigen Portion Sarkasmus sind das Markenzeichen von Stefan Waghubinger, der mit seinem vierten Soloprogramm „Ich sag’s jetzt nur zu Ihnen“ auf Tour ist. Am Samstag war der in Österreich geborene Kabarettist, der schon lange in Stuttgart lebt, auf der Kulturlant-Bühne im Lantershofener Winzerverein zu Gast und schlüpfte dort in die Rolle des Bauunternehmers Waghubinger. Der war gerade von einer Frau verlassen worden, übrig blieben ein Strauß verwelkender Blumen, sein Monopoly-Spiel und der Golfschläger. Und obendrein noch der Mann, der die Situation so gar nicht versteht.

„Von allen meinen Bekannten war ich am meisten von der Trennung überrascht“, musste der bekennende Workaholic feststellen. Schon immer war das „Geld scheffeln“ der Lebensmittelpunkt des Unternehmers, der viel zu kleine und obendrein schäbige Mietwohnungen errichtet, um sie dann seinen Bekannten viel zu teuer zu vermieten. Und dem eines klar ist: „Ein Burnout muss man sich erarbeiten.“

Und so gewährte Waghubinger dem Publikum einen Einblick in sein Leben, das schon in jungen Jahren aus dem Ruder gelaufen sein musste. „Ich hab mir so sehr die Käpt’n Kirk Jacke gewünscht, aber wir hatten ja kein Geld. Da sagte die Mama: Wenn du brav bist, strickt dir das Christkind eine.“ Aus gelber, kratzender Schafswolle. Mit einer Mütze und zwei Antennen mit Tischtennisbällen auf dem Haupt. „Da hatten wir die Bescherung. Du fühlst dich als Raumschiffpilot und wenn Du in den Spiegel schaust, siehst du Biene Maja“, hatte die Wirklichkeit den kleinen Stefan schon früh eingeholt.

Irgendwie setzte sich die Diskrepanz zwischen falschem Anspruch und Wirklichkeit fort. Der Bauunternehmer fragt sich nun mal beim Blick in den Sternenhimmel, wie viel Laderaum der „Große Wagen“ haben mag. Und den Stern, den ihm die Frau schenkt, will er eigentlich gar nicht. „Sterne verdecken doch nur den Blick auf das Universum.“

Da denkt er viel zu gerne an die Kindheit zurück. An den Tante-Emma-Laden, wo es genau einen Joghurt in der Auswahl gab. Nicht wie heute im Supermarkt: „Wie soll man es denn im Leben zu etwas bringen, wenn man sich schon nicht für einen Joghurt entscheiden kann“, sinnierte Waghubinger und hatte für jede Lebenssituation einen Verursacher. Er dachte an die Steinzeitmenschen, die ihre Höhlen von unten bis oben bemalten, obwohl das doch Weltkulturerbe war. An die grauen Eichhörnchen, die in Europa so langsam die roten Artgenossen verdrängen: Wenn man in ein paar Jahrzehnten noch ein rotes Eichhörnchen sieht, dann ist das bestimmt eines mit Nussallergie.“

Nur gut, dass es die Arbeit gibt, die kann man doch so herrlich auf das Privatleben runterbrechen. „Wer sich anstrengt, hat auch beim Würfeln mehr Glück“, so die Devise des Mannes, der sich keine Freunde kaufen würden. „Nur leasen.“ Da kann man dann auch mal den Kölner Dom mit den eigenen geschaffenen Mietwohnungen vergleichen und feststellen: „Die Decken im Dom sind höher.“

Beim Lantershofener Publikum, dass Stefan Waghubinger lange applaudierte, bedankte sich der Kabarettist und verschenkte handsignierte CD’s. Dass danebenstehende Kästchen, in dem er Geld für Kinderbetreuung in der Ukraine sammelte, hatte sich schnell gefüllt.

Veranstaltungsankündigung

ICH SAG’S JETZT NUR ZU IHNEN

Mitten aus dem Leben, manchmal böse, aber immer irrsinnig komisch, zynisch und zugleich warmherzig. Das sind Attribute, die man mit diesem österreichischen Kabarettisten verbindet.

Er selbst sagt von sich nur, er betreibe österreichisches Jammern und Nörgeln, aber mit deutscher Gründlichkeit.

In seinem vierten Soloprogramm begegnet er Gänseblümchen, Schmetterlingen und Luftschlangen im Treppenhaus. Es entstehen Geschichten mit verblüffenden Wendungen, tieftraurig und zugleich zum Brüllen komisch. Zynisch und zugleich warmherzig, banal und zugleich erstaunlich geistreich.

Eine Erklärung zu den wirklich wichtigen Dingen, warum es so viel davon gibt und warum wir so wenig davon haben.

Die Allgemeine Zeitung Mainz schreibt zu ihm: „Federleicht und geschliffen. Es gibt nur wenige Kabarettisten, die es mit Waghubingers Formulierungskunst aufnehmen können – und es gibt nur ganz wenige Kollegen, bei denen geschliffene Texte so federleicht durch den Saal schweben“.

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