14.05.2022: DJANGO ASÜL

Neues aus Hengersberg

Kabarettist Django Asül schaut seiner Umgebung aufs Maul

Mit Django Asül konnte der Grafschafter Verein Kulturlant am vergangenen Samstag ein “Urgestein” der deutschen Kabarettlandschaft im Lantershofener Winzerverein begrüßen. Der niederbayerisch sozialisierte Sohn türkischer Gastarbeiter gehört seit mehr als 25 Jahren zu den skurrilsten Gestalten in der Kabarettszene. Mal politisch angehaucht, mal gesellschaftskritisch entstand sein aktuelles Programm “Offenes Visier” noch vor der Corona-Pandemie hauptsächlich dort, wo sich Django Asül an sechs von sieben Tagen in der Woche morgens aufhält: am Stammtisch. Keinem virtuellen, sondern einem reelen Stammtisch. Der steht im Örtchen Hengersberg vor den Toren von Passau, gleich am Marktplatz in einem Wirtshaus, dass mittlerweile Kultstatus genießt. Nicht erst, seitdem Paul Breitner oder Edmund Stoiber den Kabarettisten dort besuchten , um vor allem dessen Stammtischbruder Hans kennenzulernen. Denn der ist wohl der wahre Kabarettist, Django Asül trägt nur dessen Blickwinkel in die Welt hinaus. Und manchmal ist der Blickwinkel des Hans ein ganz eigener, wenn er zum Beispiel sagt: „Die Realität hat schon lange nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun.“

Django Asül, dessen Bühnenbild nur aus ihm selbst, einem Stehtisch und einem Glas Weißbier besteht, zeigte erst einmal, dass er sich mit jedem seiner Auftrittsorte akribisch beschäftigt. Auch mit dem Ahrkreis, dem die Kelten den Weinbau brachten, weshalb die Trauben auch gekeltert werden. Von hier aus startete der Weinbau seinen Siegeszug in die Welt, zumindest nach Italien und Frankreich. Sagt Django und schwenkt auf die Familie und seine beiden kleinen Nichten, die sagen, was sie denken. Oder was sie hören: „Das was du machst, kann man nicht als Arbeit bezeichnen.“ Aha. So definiere sich auch die große Diskrepanz zwischen Familienleben und Freizeitleben. Das Publikum lacht, bis es den Tipp bekommt: “Fragen Sie mal in ihrer Familie, wer sie gut findet.”

Mit seinem Rundumschlag aus dem offenen Visier springt Asül buchstäblich durch einen großen kabarettisitischen Themenkreis, den 150 Gästen im Winzerverein bleibt kaum Zeit zum Lachen, geschweige denn zum Klatschen. Kann mach auch nicht immer, beipsielsweise beim Blick aufs Fernsehen der 1980er. “Die Show ‘Was bin ich’ war eine Mischung aus ‘Wer wird Millionär’ und den Nürnberger Prozessen”, so der Blickwinkel am Hengerberger Stammtisch. Ab und zu verläßt Asül diesen, wenn er zum Beispiel seine Lieblingsdestination Malta aufsucht, weil er doch so ein überzeugter Europäer sei. Hier tanke er seinen EU-Akku auf. Die Sprache in dieser seit dem Mittelalter als Steueroase bekannten Insel sei eine Mischung aus arabisch und italienisch, was dem Wesen des heutigen Maltesers entspreche: „Bakschisch und Mafia.“ Und ganz nebenbei lerne man dort auch, dass die Johanniter der bewaffnete Flügel der Caritas seien.

Gesellschaftspolitisch wurde es auch noch. Mangelnde Chancengleichheit und die längere Lebenserwartung Besserverdienender waren Asüls Themen, aber auch die mangelnde Schnelligkeit der Zukunftsgestaltung in Deutschland. Die Konsequenz hieraus: “Die Digitalierung der Arbeitswelt wird in unserem Land noch lange analog bleiben.”

Veranstaltungsankündigung

Kaum ist das Visier offen, hat Django Asül urplötzlich einen ganz anderen Blick auf die Dinge. Raus aus der Filterblase, rein in den Weitwinkel. Und vor allem: Raus in die weite Welt. Django Asül treibt sich herum von Marseille über Malta bis in den Nahen Osten. Und schon hagelt es Erkenntnisse auf die drängendsten Fragen: Wieso ist Malta das ideale EU-Land? Ist der Klimawandel eine Gefahr oder doch eher die Lösung wofür auch immer? Oder gilt das eher für die Digitalisierung?

Und: Ist der Einzelne in der Gesellschaft tatsächlich ersetzlich oder eher entsetzlich?

Denn mit offenem Visier sieht man nicht so sehr sich selbst, aber umso mehr andere und anderes. Ganz gegen den Trend ignoriert Django Asül die Selbstoptimierung und setzt auf Fremdoptimierung. Dabei lernt er vor allem Verständnis und Verständigung und wird so zum Mediator zwischen den Fronten.

Wie das alles funktioniert?

Ganz einfach: Django zahlt sich selber ein Grundeinkommen. Und ist damit seiner Zeit weit voraus. Dieses Programm ist daher ein Muss für alle, die den Weitblick nach innen und nach außen haben.

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