13.11.14: Michael Eller

Schwere Zeiten für einen alternden Rocker

Mit Mitte 40 sieht Comedian Michael Eller die Welt aus allerlei Perspektiven

Zu den TV-Stars der Comedy-Szene in Deutschland gehört Michael Eller nicht, aber das, was er rund 100 Gästen bei Kulturlant e.V. am Donnerstag in Lantershofen zu sagen hatte, strapazierte die Lachmuskeln dennoch extrem. Eller, 46 Jahre alt und im tiefen Inneren immer noch ein junger Rock’n’Roller, brachte dabei offen zutage, dass er so seine Problemchen mit dem Älterwerden hat, seit er eines morgens beim Blick in den Spiegel erschreckt feststellen mußte: „Auch ich welke.“ Grund genug, Blicke zurück und nach vorne zu wagen. Was war früher, was ist heute? Eines fiel dem bekennenden Zigaretten-Konsumenten gleich auf: dank des Rauchschutzgesetzes sterben die Raucher heute nicht mehr an Lungenkrebs, sondern an Lungenentzündung.

Und wie denken die Menschen anderen Alters über den Mitt-Vierzieger? Klar, die heutige Jugend sieht in ihm den gaaanz alten Menschen. Das war in den jungen Jahren des Michael Eller nicht anders, nur nutzen die Teens von heute dazu einen anderen Satzbau: Subjekt – Prädikat – Beleidigung – „Alder!“ Ein Beispiel: „Ey, geh doch wo du wohnst, Alder.“ Oder so ähnlich. Krasser Gegensatz: die Uralt-Senioren mit klarer Ansage: „Mitte 40? Das ist doch gar nix, du hast doch noch nix erlebt.“

Also muss sich Nachkriegskind Eller (nach dem Vietnam-Krieg) seine eigene Sicht auf seine Situation machen. Und er fängt bei den Haaren an. Die Geheimratsecken sind nur noch Ratsecken, weil nicht mehr geheim zu halten. Dafür wachsen die Haare woanders, zum Beispiel in den Ohren: „Höre ich jetzt vielleicht flauschiger?“ Mitte 40 ist auch eine gute Zeit, die Ehe scheitern zu lassen. „Aber da sind meistens beide dran schuld“, weiß Eller, „also Frau und Schwiegermutter!“ Auch der Drogenkonsum ändert sich, und zwar von Koks auf Granufink. „Und wenn ich merke, dass ich pinkeln muss, habe mich meistens schon angefangen.“ Auch das mußte mal gesagt werden, wie so viele Sprüche, die der Altrocker raushaute. Die meisten davon waren gesellschaftstauglich, manche sollte man sich vor der Wiedergabe gründlich überlegen. Unter die Gürtellinie rutsche der Comedy-Vortrag deswegen aber nicht, da bekam Eller immer wieder rechtzeitig die Kurve und schwenkte in die eigene Jugend. Da gab im Fernsehen drei Programm, „Biolek“ begann zu kochen und „Klementine“ machte die Wäsche sauber. Es gab drei Sorten Pflegmittel für die Zähne, darunter „Blendi“ für die Kinder. „Heute haben wir Hartz IV, früher hatten wir Winnetou III.“ Passt nicht ganz, sorgte aber für ein Nicken im Publikum, dass in seiner Altersstruktur dem Wahl-Mainzer, dem man seine sechs Lebensjahre in Frankfurt im Zungenschlag deutlich anhörte, recht ähnlich war. Eller sprach den Gästen in Lantershofen also aus der Seele, und darum konnte er seine Comedy-Tour auch erst nach zwei Zugaben beenden.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am Allgemein. Setze ein Lesezeichen auf den permalink.