27.02.16: Carmela de Feo ist „La Signora“

Wirbelwind und Escort-Girl für Hässliche

„La Signora“ Carmela de Feo nahm in Lantershofen kein Blatt vor den Mund

Was war das denn? Als „La Signora“ wirbelte die Carmela de Feo, Oberhausenerin mit italienischen Wurzeln, am Samstag mehr als zwei Stunden lang über die Kulturlant-Bühne im Lantershofener Winzerverein und löste dabei unter den mehr als 200 Besuchern Begeisterungsstürme aus. „Das war das Beste, was ich bisher bei Kulturlant erlebt habe“, war ein Gast noch lange nach dem Programm sichtlich hin und weg. Wohlgemerkt, ein war ein männlicher Gast. Die Herren waren an diesem Abend absolut in der Unterzahl. Wohl wissend, dass sie von der selbsternannten Diseuse, Direkteuse und Dompteuse mit Dutt und Denkerstirn auf ganz besondere Weise ihr Fett wegbekommen würden. Denn die Signora lud nicht nur zum Männerwichteln ein, sie hatte auch klare modische Vorstellungen, was man dem „Escort-Girl für Hässliche“ nicht unbedingt ansah. Entsprechend teilte sie aus, sah die Herren im Publikum überwiegend gekennzeichnet mit hässlichen karierten Hemden. Überhaupt spielte die studierte Akkordeon-Musikerin mit absolviertem Tango-Meisterkurs mit dem kompletten Auditorium, da wagte schnell niemand mehr eine unüberlegte Bewegung. La Signora entging nichts und sie wußte vieles nicht nur zu kommentieren, sondern stieg immer von der Bühne herab, um sich ins Publikum zu mischen und Interviews zu führen. Der ganze Saal wurde zur großen Mitmachzone, den Besuchern stockte der Atem und dennoch waren als Teil der ganzen Show am Ende restlos begeistert.

La Signora hatte, wie sollte es auch anders sein, Redebedarf. Über Männer beispielsweise, oder über die Ehe. Sie stellte ihre besonderen Fähigkeiten in den Raum: „Ich kann aus Krampfadern lesen“ und berichtete über ihre Teilnahme an der Kochshow. „Beim Promille-Dinner gab es bei mir Spaghetti Kukidente, besonders bissfest.“

Und immer wieder griff La Signora zu ihrem Lieblingsinstrument, um sich die Dinge des Alltags von der Seele zu singen. „Willkommen in der Mittelschicht, mehr gibbet nicht, als kalte Füße und ein Fertiggericht“, war da zu hören. Oder die Ballade von der mit Pasta bekochten Gesellschaft, bei der das Essens mangels Sieb durch nicht ganz reine Haarnetz abgeschüttet wurde. Da hieß es dann zur Melodie von „Weiße Rosen aus Athen“ eben „Schwarze Nudeln aus Versehn.“ Das Kopfkino ließ grüßen. An Selbstbewußtsein mangelte es jedenfalls nicht. Selbst Gott mischte sich als Stalker ins Programm ein und mußte immer wieder beruhigt werden. Schließlich entdeckte La Signora aber, dass sie selbst zu vergöttern sei, die „Ruhr-Gebieterin“ eben. Das Auditorium huldigte ihr und ließ sich geduldig manipulieren. Denn sie kannte ja die wahre Schöpfungsgeschichte: am Anfang gab es nämlich die Frauen. Oder besser: mehrere davon. Schließlich war es ja das Paradies, ehe Gott aus ein paar Restabfällen den Mann schuf. Der nahm ihr die Geschichte an diesem Abend in Lantershofen aber nicht übel. Derweil liefen so manchem Gast die Tränen vor Lachen übers Gesicht. „Dat Schminken hätteste dir sparen können, du siehst aus wie das Phantom der Oper“, so La Signoras Kommentar dazu.

Veranstaltungsankündigung

Da isse wieder: Sie ist nicht eine Frau, sondern DIE Frau. La Signora. Diseuse. Direkteuse. Dompteuse. Mit Dutt und Denkerstirn revolutioniert Carmela de Feo auch in ihrem dritten Bühnenprogramm wieder gängige Auffassungen weiblicher Erotik. Und liefert dazu mondäne Gags im Akkord.

Die Lady in Black is back: „Man nennt mich La Signora und ich bin eine Frrrauu.“ Mit diesem Satz hat sich Carmela de Feo selbst ein Comedy-Denkmal gesetzt. Mit Hirn, Scharme und Schnauze setzt sie neue Akzente in der deutschen Humorlandschaft. Schwarz ist das neue Pink: Die Femme Brachial gibt sich gewohnt kühn und kühl, zeigt aber auch jede Menge Gefühl.

Nach ihren verzweifelten Bräutigamfang-Versuchen resigniert La Signora in ihrem dritten Programm keineswegs. Sie ist nicht mehr von Kopf bis Fuß auf Hiebe eingestellt, sondern scheucht sich selbst unbarmherzig wie einen Gaul durch den Ernst des Lebens. Sucht hemmungslos nach Menschen, denen es noch schlechter geht als ihr. Allen, die sinnsuchend durchs Leben stolpern, raunt das rassige Ruhrgebietsvollweib mit Italo-Wurzeln seine geballte Lebensweisheit zu: Für alles gibt es eine Lösung: „Träume nicht Dein Leben, sondern nimm Deine Tabletten!“

Wenn die eiserne Lady aus Oberhausen mit flinken Fingern ihr Instrument umgarnt und ihr Mundwerk dazu Tango tanzt, liegt ihr nicht nur die Männerwelt zu Füßen. Virtuos und angstfrei tastet sie sich an die Themen, die uns wirklich bewegen: Ob Eskort-Service für Hässliche oder Frühstück nach dem Tod, mit jeder Menge Feuer im Faltenrock präsentiert die Schwarze Nudel des Frauenkabaretts mondänes musikalisches Komasaufen: Wahnwitzig mutiert sie von der „Sex Bomb“ zur Miss Marple. Und wenn die graubestrumpften Beine auch mal Riverdance tanzen, versinkt der Zuschauer hilflos im Bällchenbad der Emotionen. Trotzdem, La Signora zeigt immer noch, wer hier den Gehrock anhat. Fast meint man, unter ihrem gestrengen Nadelstreifenblüschen ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Ich Chefin, du niente!“ aufblitzen zu sehen. Und wenn sie mit gestrengem Blick durchs Publikum marschiert, dann sollte der Zuschauer seine Tabletten griffbereit haben. Denn der fleischgewordene Mix aus Sophia Loren und Mutter Beimer ist der Traum, den bislang keiner gewagt hat, zu träumen. Ein Haarnetz für ein Halleluja!

25.02.16: Hattler

Star-Bassist Helmut Hattler und sein Lieblingsprojekt

Zwei Stunden lang begeisterte der „Kraan-Gründer“ in Lantershofen

Eine lebende Legende der deutschen Musikszene konnte annähernd 200 Fans am Donnerstagabend in Lantershofen erleben. Dort war der mittlerweile 64-jährige Helmut Hattler mit seinem aktuellen Bandprojekt „Hattler“ zu Gast. Er gilt immer noch als einer der besten Bassisten Deutschlands und stellte dies in dem zweistündigen Konzert unter Beweis. Hattler ist den meisten seiner Fans als Bassist der legendären Krautrock-Band „Kraan“ ein Begriff, auch als Kopf von „Tab Two“ feierte er große Erfolge. Voller Stolz verkündete er in Lantershofen, dass sein Projekt „Hattler“ nun auch schon zehn Jahre lang in gleicher Besetzung antritt. Dazu gehören der seitens des Bandleaders als für die Band völlig überqualifiziert bezeichnete Gitarrist Torsten de Winkel, der seit Jahrzehnten an Hattlers Seite spielt, Schlagzeuger Oli Rubow und Fola Dada, die dem Bandpropjekt Hattler ihre markante Stimme gibt. Die vier Schwarzwälder schafften es in Lantershofen, das Publikum, das teilweise aus großer Entfernung angereist war, mit den ersten Takten in ihren Bann zu ziehen. „Hattler“ veranstalteten eine große, zweistündige Party und begeisterten die Fans.

Die Musik, die hinter den Titeln von Hattler steckt, in eines der gängigen Genres zu stecken, ist da eher unmöglich. Eigentlich sei das ja auch gar keine Musik im eigentlichen Sinne, ließ der Bassist von der Bühne herab wissen. Denn Hattler vereint Instrument und Elektronik, alles ist experimentell, aber dennoch äußerst melodisch und tanzbar. Wenn der „Meister“ dann noch seine Bassgitarre bearbeitet, wie andere ein Banjo, sind die Fans verzaubert.

Zwei Dutzend seiner Titel, allesamt kleine musikalische Meisterwerke, brachten „Hattler“ in Lantershofen zu Gehör. Dazu flackerte über der Band eine ausgeklügelte Videoshow. „Die gehört einfach dazu, seit 2008 hat es kein Konzert ohne die Video-Animation gegeben“, so der Starbassist, der sich auf der Bühne dezent im Schatten seiner Sängerin zurückhielt, aber das keineswegs musikalisch. Zu hören waren in Lantershofen übrigens sehr viele Songs, die auch auf dem aktuellen Albus „Live Cuts II“ präsent sind. Titel wie „Dot Competition“, „Nachtstrom“, „Watchagonnado“ oder „Dimitri“ zeigen schon rein äußerlich, hier wartet etwas Besonderes. Musik aus früheren Projekten gab es in den drei Zugaben zu hören. Gitarrist Torsten de Winkel wies schmunzelnd darauf hin, dass schon in den ersten Jahren der Zusammenarbeit mit Hattler das, was man da produzierte, Aufsehen erregte und nicht bei allen Kollegen Zustimmung fand. „Damals kam dann ganz schnell die Jazzpolizei“ unkte de Winkel, um zu poppigem Elektro-Jazz anzusetzen. Zudem brachten Hattler eine unnachahmliche Melange aus coolen Clubsounds, psychedelic Pop und NuJazz zu Gehör. Den Spagat, modernste Elektronik, handgemachte instrumentale Virtuosität und eine großartige Stimme zu einer organischen Einheit zu verbinden, schafften „Hattler“ jedenfalls spielend.

Für den Grafschafter Verein Kulturlant e.V. bedeutete das Konzert auf jeden Fall eine große Ehre. „Einen solchen Star der Szene auf die Grafschaft holen zu können, ist schon etwas ganz Besonderes“, so der Vorsitzende Klaus Dünker.

Veranstaltungsankündigung

Neben seiner Arbeit mit KRAAN, TAB TWO und SIYOU’n’HELL fokussiert Helmut Hattler nun seit über zehn Jahren seine ganze Erfahrung und Leidenschaft auf sein Lieblingsprojekt HATTLER.

Live wird das Repertoire der international erfolgreichen HATTLER-Alben von einer Band umgesetzt, die den Spagat „spielend“ schafft, modernste Elektronik, handgemachte instrumentale Virtuosität und eine großartige Stimme zu einer organischen Einheit zu verbinden. Den Konzertbesucher erwartet eine unnachahmliche Melange aus coolen Clubsounds, psychedelic Pop und NuJazz, die als  druckvolle Liveversionen der besten HATTLER Titel zu Gehör gebracht werden: „Wir sind halt eine echte Live-Band und es geht bei den Konzerten immer nur um Musik und Rhythmus.”

20.02.16: Kulturlant Rookie

Kulturlant hat die Nachwuchsförderung für sich entdeckt

Beim Festival „Rookie“ hatten vier junge Bands einen starken Auftritt

Neben vielen gestandenen Künstlern aus der Musik- und Comedybranche hat der Grafschafter Verein Kulturlant e.V. ein neues Betätigungsfeld für sich entdeckt: der Verein ist am vergangenen Samstag erstmals fördernd aufgetreten, und zwar mit einem Festival für Nachwuchsbands. Das Konzept: Kulturlant lud vier junge Bands aus der Region, aber auch darüber hinaus ein. Mit der Jugendstiftung der Kreissparkasse Ahrweiler im Boot konnte der Verein allen Bands eine Gage zahlen. Das Publikum hatte freien Eintritt, vor allen Dingen die Werbung in den sozialen Netzwerken hatten die Bands übernommen. „Wir haben ihnen die Facebook-Administratorenrechte für unsere Seite verliehen, auf der sie sich dann regelrecht austoben konnten“, so Kulturlant-Geschäftsführer Thomas Weber. Mit Erfolg, die mediale Ansprache fruchtete, schon bei der ersten Auflage von Rookie waren mehr als 200 junge Leute in den Lantershofener Winzerverein gekommen.

Die Bands wußten die Einladung zu schätzen und unterstützten sich gegenseitig. So stellten „Betray Your Idols“ aus Bad Neuenahr-Ahrweiler nicht nur das musikalische Equipment für alle Bands, was lange Umbaupausen ersparte, die Band nahm auch gleich die Kollegen der belgischen Formation „Valley“ bei sich auf. Diese zeigten sich begeistert, eine solche Förderung gebe es in Belgien nicht, so die Aussage der jungen Hardrocker.

Auf der Bühne erlebten die Festivalbesucher dann vier musikalisch äußerst unterschiedliche Formationen. Den Auftakt machten Silvan Dünker und Band, die vier gaben in der angetretenen Formation erst ihren zweiten Auftritt. Dünker war der einzige, der an diesem Abend seine Titel in deutscher Sprache präsentierte. Die Mischung aus Singer/Songwriter und Bandunterstützung kam an, zumal der 20-jährige in seinen Texten den meisten Festivalbesuchern aus der Seele sang. Da ging es ums Leben, die Liebe und ums Älterwerden. Eine gute Dreiviertelstunde lang präsentierte Silvan Dünker aktuelle und ältere Stücke, alle aus eigener Feder. Eigene Stücke statt Cover-Songs waren die Voraussetzung, um beim Rookie-Festival dabei sein zu können.

Aus Wuppertal waren Darjeeling angereist, die äußerst melodisch klangen und die mit ihren wuchtigen Arrangements und dem halligen Gesang nicht verbergen konnten, dass 70er-Jahre-Größen wie Deep Purple oder Jimi Hendrix zu ihren musikalischen Vorbildern gehören. Auf der Bühne teils ekstatisch, teils schon fast poppig, aber immer auf den Punkt, begeisterten die vier Jungs vor Allem als exzellente Live-Band ohne Kompromisse. Dabei überzeugten mit Jan Richard, Till Fabian und Markus Kresin gleich drei Bandmitglieder auch gesanglich.

Im zweiten Teil von Rookies war dann Hardrock angesagt. Aus dem belgischen Halle war die Formation „Valley“ angereist, sie bezeichnen sich selbst als Melodic-Hardcore-Band. Valley kombinieren Melodic-Hardcore mit Post-Rock und Einflüssen Ihrer direkten Umgebung, ihre Präsentation der eigenen Gedanken- und Gefühlswelt sorgte beim jungen Publikum für viel Beifall, am Merchandising-Stand waren die aktuellen EP‘s äußerst gefragt. Gefragt war aber auch die Musik des vermeintlichen Top Act’s, „Betray Your Idols.“ Die 2006 gegründete Ahrweiler Melodic Hardcore Band hatte in Lantershofen ein Heimspiel und viele Fans mitgebracht, die die Band nach längerer Pause wieder einmal sehen und hören wollten. Dabei wurde schnell klar, dass sich die fünf Jungs enorm weiterentwickelt haben, sie präsentierten ein ganz neues und inspiriertes Set. Vor allem der Titel „Home“ hat durch die aktuellen Flüchtlingsszenarien eine ganz eigene Aktualität erhalten. Das griff die Band auf und machte dem Publikum klar, dass man sich für die Anti-Flüchtlingsströme in Deutschland schäme. Der Zuspruch aus dem Auditorium war groß. Zufrieden zeigten sich nach vier Stunden Nachwuchsfestival auch die Veranstalter: „Das schon beim ersten Festival so viele Gäste kommen, hätten wir nie gedacht. Alleine das ist Motivation genug, die Förderung junger Musiker bei Kulturlant weiter zu betreiben“, so der Vorsitzende Klaus Dünker, in dessen Händen die Fäden der kompletten Festival-Organisation zusammen liefen.

Schon am kommenden Donnerstag (25. März) werden dann „Profis“ aus der Kulturlant-Bühne erwartet. Um 20 Uhr geben die Musiker um Star-Bassist Helmut Hattler mit der Formation „Hattler“ in Lantershofen ein Konzert im Rahmen ihrer Live-Cuts-II-Tour. Tickets sind noch im Vorverkauf und an der Abendkasse erhältlich.

10.12.15: Thilo Seibel

Fußball spielt man besser auf dem Mars

Schonungsloser politischer Jahresrückblick mit Thilo Seibel in Lantershofen

In einer solch schnelllebigen bereits Anfang Dezember einen Jahresrückblick zu präsentieren, ist gewagt. Das wußte auch Thilo Seibel, der dennoch am Donnerstag bei Kulturlant e.V. in Lantershofen die Dinge, die die Menschen 2015 bewegten, den rund 100 Gästen noch einmal vor Augen führte – zunächst als zusammenfassendes Gedicht, dargebracht in Rap-Form, dann detailliert. „Es ist noch viel Jahr übrig“, machte Seibel klar, um dann zurück zu blicken. Und das schonungslos und mit Blicken hinter die Kulissen. „Was mir nicht gefällt, lasse ich einfach weg. So wie eine gute Nachrichtensendung im Fernsehen“, zog Seibel die Massenmedien durch den Kakao.

Was das Jahr brachte, war überwiegend schwere Kost und es war gar nicht so einfach, diese locker rüberzubringen, ohne die Inhalte zu verwässern. Seibel sprach mit Blick auf den IS-Terror davon, dass es nicht „um die Islamisierung des Abendlandes gehe, sondern eher um die waffenmäßige Germanisierung des Morgenlandes.“ Überall werde mit deutschen Waffen gekämpft. Die Folge seien die großen Flüchtlingsströme. Seibels Empfehlung an Europa: einfach denen, die vor allem in Osteuropa nicht bereit seien, Flüchtlinge aufzunehmen, die EU-Gelder, Zuschüsse und Förderungen streichen. Dafür gab es jede Menge Beifall. Dass die Flüchtlingssituation und der Umgang damit das Ansehen Deutschlands in der Welt positiv beeinflusse, könne schon bald wieder vorbei sein. Stichwort AfD: „Nicht nur die Angler grüßen sich mit Petri Heil“, so der Kabarettist zu diesem Thema.

Themen, die gerade erst ein paar Monate zurückliegen und dennoch aus den Köpfen sind, brachte Thilo Seibel in eben diese zurück. Griechenland und die Finanzkrise zum Beispiel. Eine Folge hierzulande: CDU-Mann Wolfgang Bosbach schien im Fernsehstudio bei Anne Will eingezogen zu sein. Und warum müsse Griechenland seine lukrativsten Flughäfen verkaufen, noch dazu an ein deutsches Unternehmen, das dem Staat gehöre? „Weil man selber keinen Flughafenbau hinbekommt“, so die Antwort. Überhaupt hatte Seibel so manchen Politiker im Visier, bezeichnete den teuren G7-Gipfel im Sommer in Bayern als ergebnislose „Butterfahrt für überbewertete Flachstruller“ und sah in Andrea Nahles die größte Nervensäge des Kabinetts.

Und was brachte der Sport? Skandale. Daher verlas Seibel auch eine jahreszeitabhängige Geschichte und nannte sie „Das Sommermärchen.“ Die Moral von der Geschicht‘: Blatters Vorschlag umsetzen, Fußball künftig auf dem Mars zu spielen. Hierzulande mache es ja keinen Spaß mehr. Denn Zusammenhänge zwischen einer Fußball-WM sowie anderer sportlicher Weltereignisse in Katar und der Lieferung von Waffen an dieses Land schienen nicht aus der Luft gegriffen. Das macht der Wahl-Kölner klar.

Ebenfalls nicht verschont blieb die Wirtschaft. Einblicke ins Freihandelsabkommen TTIP gebe es so gut wie keine, auch nicht für Abgeordnete des Europaparlaments. Begründung: sie könnten die Inhalte ja ihren Regierungen verraten. Und sonst? Die Autoindustrie bescheißt kollektiv und die Commerzbank tut gleiches mit genau dem Staat, von dem sie während der Bankenkrise acht Milliarden Euro erhalten hat. Zum Schluss gab es Statistisches, Jubiläen etwa, wie 40 Jahre Farbfernsehen oder 20 Jahre Klonschaaf Dolly. Rücktritte, wie die von Blatter, Jauch oder Gregor Gysi. Schließlich die Vorschläge zum Zitat des Jahres, Sieger könnte eines von Armin Latschet zu dessen verlegter Klausuren gegenüber der Presse sein: „Ich könnte ihnen das erklären, ich mache es aber nicht.“

21.11.15: Zeltinger Band

Asi mit Niveau, aber ohne „Tuntensong“

Laut, rockig, kultig: „Zeltinger Band“ begeisterte in Gelsdorf

Kölsch-Rock vom Feinsten, irre laut und vor einer eingeschworen Fangemeinde, das gab es am vergangenen Samstag im Gelsdorfer Bürgerhaus zu erleben: „Zeltinger“ war da! Eingeladen hatte der Grafschafter Verein „Kulturlant e.V.“, der das Konzert zum Abschluss einer Reihe mit verschiedenen Kölsch-Bands präsentierte. „Schwätzt Ihr he och kölsches Platt“, fragte der schwer übergewichtige Frontmann der gleichnamigen Kölner Rockband sein Publikum, das begeistert zustimmte. Der Bandleader konnte es kaum glauben, zumal sich seine Konversation mit dem Publikum ansonsten in einem recht oberflächlichen Rahmen bewegte. „Hal die Fress“, war da beispielsweise die Antwort auf die Forderung nach einem seiner Songs. Dafür ging es musikalisch im wahrsten Sinne des Wortes ab. Ein wie immer „mittelmäßig“ gelaunter Jürgen Zeltinger, der sich gerne auch als „Zornesausbruch der Natur“ sieht, lief wieder einmal zu großer Form auf. Dabei hatte der Alt-Rocker doch allen Grund, nervös zu sein, wie er offen zugab. Denn sein etatmäßiger Schlagzeuger Robbie Vondenhoff war wegen einer Operation ausgefallen. Ihn ersetzte Charly Terstappen, der als Drummer schon für Marius Müller-Westernhagen und The Lords unterwegs war, allerdings mehr als gleichwertig, auch wenn man nur einmal gemeinsam geprobt hatte. Charlys Solo am Ende des Konzerts stahl den Bandkollegen inclusive Zeltinger förmlich die Schau.

Aber zurück zum Anfang: das Publikum im Saal wurde zunächst einmal mit AC/DC-Musik aus der Konserve beschallt, ehe die Band mit viertelstündiger Verspätung zu den Klängen ihres eigenen Hits „Kölsche Jonge“ auf die Bühne stolzierte. Wer nun dachte, dort kämen in erster Linie die Songs vom aktuellen Album „Die Rückkehr des Retters“ zu Gehör, irrte. Zeltinger-Fans wollen eigentlich immer nur eines: die alten Kult-Hits hören. Und die bekamen sie. Gleich zum Auftakt im Medley drei Songs mit den vielsagenden Titeln „Frittebuud“, „Leck mich“, und „Bekloppt“, dann hieß es erst einmal durchatmen und begrüßen. Den „Tiger“ brach der Altrocker persönlich ab, weil er wohl nicht so ganz bei der Sache war: „Ich hann mich verdohn, do seht ihr, dat dat live ess.“ Klar, dass die Gäste ihm das nicht übel nahmen. Fortan war es ein Mix aus Hits und Sprüchen, die das Publikum, das teilweise mehr als 200 Kilometer angereist war, in Wallung brachte. Es kam die Zeit der Klassiker, „Asi mit Niveau“ oder „Sozialamt“, „Mallorca“ oder der „Panzerfahrer.“ Ruhige Klänge beim schwulen Geständnis „18 Jahr“ und dem „Waade op ne Fründ.“ Der erst 24 Jahre alte Gitarrist Dennis Kleimann, mit dem Zeltinger auch als Duo unterwegs ist, durfte ebenfalls ans Mikro und bewies bei „Unvermittelbar“ sein großes Talent. Auf den „Tuntensong“ verzichtete Zeltinger, möglicherweise, weil ein Fan, der das Kultlied früh forderte, für den Strip auf der Bühne als Gegenleistung nicht zu gewinnen war.

„Tschüss“ hieß es dann nach etwas mehr als einer Stunde lautem und kultigem Kölsch-Rock. Aber da fehlte doch noch etwas? Die größten Hits hatte sich die Band für die beiden Zugaben aufgehoben. Und dann grölte der ganze Saal zu „Wandersmann“, zur eingekölschten Version des Ramones-Titel „Rockaway Beach” („Müngersdorfer Stadion”) und natürlich zur Musik von Lou Reeds „Walk On The Wild Side” mit dem kölschen Text „Stüverhoff”, Zeltingers größtem Hit. Dann war Zeltinger, von Fans und Freunden wegen der fehlenden Haarpracht liebevoll nur „De Plaat“ genannt, sichtlich platt und verzog sich in seine Garderobe, während seine Fans noch eine ganze Zeit davor ausharrten, um vielleicht noch ein Foto mit ihm ergattern zu können.

07.11.15: Bernhard Hoëcker

Bernhard Hoëcker’s interessante Umfragen und Meinungen

Comedian und TV-Star wurde in Lantershofen gefeiert

Einen äußert amüsanten und auch lehrreichen Abend erlebten die Fans des oftmals als Philanthropen bezeichneten Bonner Comedian Bernhard Hoëcker am Samstagabend bei Kulturlant e.V. in Lantershofen. Im seit Monaten ausverkauften Gastspiel „Bei mir liegen sie richtig falsch“ verstand es Hoëcker, der durch seine Auftritte in verschiedenen TV-Formaten bundesweit bekannt wurde, seinen Gästen durch vielfältige Hinweise klar zu machen, wie oft sie doch im Leben bewusst oder unbewusst mit ihrem Tun und den Gedanken über dieses tun falsch liegen. Zur Verbreitung seiner Lehren machte Hoëcker es sich einfach, kein Stuhl, kein Tisch, kein einziges Requisit war auf der Bühne zu sehen. Lediglich ein Ersatzmikrofon stand dort, wo der nicht sonderlich große Comedian umherwirbelte. Dafür hatte er aber eine riesige Leinwand aufbauen lassen, auf der er seine Erkenntnisse untermalen ließ und auf der sein Techniker die Aussagen, die Hoëcker dem Publikum entlockte, blitzschnell zu Bildern mit Infos aus der großen Welt des Internets verarbeitete. Überhaupt war die Kommunikation mit den Gästen im Saal ein zentraler Punkt des zweieinhalbstündigen Programms, bei dem sich der Mann auf der Bühne erst einmal einzuschmeicheln versuchte: „Ich war grad in Erfurt, am Bodensee und in Worms und bin froh, wieder in einer Gegend zu sein, wo die Leute vernünftig sprechen.“ Das wollten eben jene Leute im Saal hören und das weiß der Bühnen erfahrene Comedian, der seine ausgesprochene Abneigung gegen Bayern blitzschnell revidierte, als feststand, dass auch Bajuwaren im Winzersaal saßen.

Der Abend dort war ein großer Kommunikationstreff mit dem Publikum, das via Smartphone an Umfragen teilnehmen konnte, deren Ergebnisse dann an der Videowand präsentiert und anschließend diskutiert wurden. Zumindest hatte es den Eindruck, denn als Hoëckers weltbewegende Frage, ob man in der Pause die öffentliche Toilette vorne, in der Mitte oder im hinteren Bereich nutzte und drei Prozentzahlen aufleuchteten, klärte ihn eine Besucherin auf, dass es nur zwei Toiletten im Winzerverein gebe. Waren die Umfragen möglicherweise manipuliert? Hoëcker klärte nicht auf, er erklärte stattdessen, dass Fingerzeige in der Welt unterschiedliche Bedeutungen haben, „Daumen hoch“ sein beispielsweise in der Türkei eine Beleidigung. Aha. Hoëcker referierte über richtige und falsche Wahrnehmungen. Es gebe beispielsweise unter den Reliquien in der christlichen derart viele Nägel vom Kreuz Christi, dann man annehmen müsse, der sei ans Kreuz getackert worden. Die meisten der Nägel seien demnach nur Kontaktreliquien, weil sie vielleicht mit einem echten Kreuznagel in Kontakt kamen. Sie „wunderheilen“ aber auch nicht richtig: „Ein Lahmer wird wieder gehen können, zieht aber ein Bein nach“, so Hoëcker anschaulich. Der Comedian referierte über Fehler, die das Gehirn mache, wenn es mit komplexen Kommunikationen konfrontiert werde. So zeige der Statistikverlauf eine Übereinstimmung zwischen der Zahl der Scheidungen im US-Bundesstaat Main und dem Pro-Kopf-Verbrauch an Margarine in den USA. Hoëcker ließ noch den ein oder anderen Lapsus diesseits und jenseits des göttlichen Horizonts auf der analytischen Zunge zergehen, enttarnte die aberwitzigsten Wahrnehmungsverzerrungen und schreckte noch nicht einmal davor zurück, der Evolution am Beispiel der Giraffe ihre Fehler vorzuhalten. Das Publikum in Lantershofen, wo der Comedian ein ums andere Mal das Landleben auf die Schippe nahm, hatte jedenfalls seine helle Freude.

31.10.15: Jukeboxparty

Tanzen bis die Füße qualmen

Lantershofen erlebte zum vierten Mal die „Jukeboxparty“

jukeboxWas drei Mal stattfindet, ist im Rheinland Tradition. Schon zum vierten Mal machte am letzten Oktoberabend die „Jukeboxparty“ in Lantershofen Station. Hinter dem Label des Mayener Discjockeys Johannes Held, der auch beim Südwestrundfunk moderiert, steckte ein Tanzabend mit einer breit gestreuten musikalischen Vielfalt: jede Menge Oldies, aber auch aktuelle Hits und sogar Schlager. Alles getreu dem Motto: „Hauptsache tanzbar.“ Gespielt wurde, was das Publikum hören wollte, Musikwünsche wurden gerne entgegen genommen. Von denen bekam der gebürtige Bonner Johannes Held am Mischpult hinter seiner überdimensionalen Jukebox wieder jede Menge zu hören. Denn der Saal des Lantershofener Winzervereins war einmal mehr proppevoll. Also gab es gleich zum Start mit der Titelmelody des Kultfilms „Dirty Dancing“ einen der größten Kinohits überhaupt zu hören. Es war der Wunsch von Michael aus Hessen, der erstmals die Party in Lantershofen besuchte und der am Ende ebenso begeistert war, wie die zahlreichen Jukeboxparty-Dauergäste, die bis tief in die Nacht aus dem Boden des altehrwürdigen Winzervereins eine große Tanzfläche werden ließen.

Klar, dass in Lantershofen neben den Hits von Abba, Boney M. oder härteren Tönen von AC/DC auch Helene Fischer ihren Platz fand. Der Mix machte den Abend aus. „Es ist aber auch Musik dabei, die man zwar noch kennt, aber nicht alle Tage zu hören bekommt“, verriet Johannes Held. Die immer volle Tanzfläche bewies: das Konzept mit dem Mix aus sanften und rockigen Tönen kam an. Selbst ein „eingestreuter Walzer“ vertrieb niemanden aus dem Saal. Im Gegenteil.

„Jukeboxparty“ ist ein eigenständiges Label, mit dem Johannes Held seit dem Jahr 2002 durch die Lande zieht. Mehr als 200 Mal hat er sein aufwändiges Konstrukt, dass an eine riesige Musikbox erinnert, wie sie einst in jeder Kneipe stand, schon aufgebaut. Einen ganzen LKW an Material brachte das Team am Samstagmittag nach Lantershofen. Das Herzstück ist die Beschallungsanlage. „Das wichtigste ist eine gute Soundanlage, die die Musik angenehm laut wiedergibt“, so Held. Die „Lightshow“, für deren Steuerung der Discjockey einen eigenen Lichttechniker einsetzt, fördere den Stimmungsfaktor im Saal. Hier verwendet die Jukeboxparty modernste Effekte bis hin zu simulierter Pyro- oder Lasertechnik.

Mit „Halloween“ hatte der Abend übrigens nichts zu tun: „Dieses Event ist keine Halloween-Party, sondern eine Ü30-Disco“, machte Held deutlich. Und so zog es am Samstag auch keine maskierten Gäste nach Lantershofen, wo der Verein Kulturlant e.V. Veranstalter der Party war. „Eine tolle Veranstaltung für alle, die gerne tanzen oder einfach nur noch einmal die Musik aus früheren Tagen hören wollen“, so eine Besucherin, als wieder einmal einer der „größten Hits aller Zeiten“ angestimmt wurde.

30.10.15: Jeckediz

Rheinische Musik mit ganz viel Herz

„Jeckediz“ präsentierten ihr Jahreskonzert dieses Mal in Lantershofen

Sie bezeichnen sich selbst als „extrem südliche Kölsche Band.“ Jeckediz, die vierköpfige Formation aus Bad Neuenahr Arbeiter, ist seit einigen Jahren im rheinischen und insbesondere im Kölner Karneval musikalisch aktiv. So, wie viele Künstler aus dem großen Umfeld der Domstadt, gehört das Quartett mittlerweile zu denen, die in der fünften Jahreszeit in schöner Regelmäßigkeit durch Hallen, Säle oder Festzelte rund um Köln tingeln, um dort die Narren zu begeistern. Rund 35 Auftritte sind es in der Session ab Januar bis zum Aschermittwoch, so Jeckediz-Gründungsmitglied Andreas Hoss. Dazu gesellen sich die Termine rund um den 11. November, wenn Karnevalseröffnungen und Proklamationen anstehen. Für eine so junge Band ist das schon eine ganze Menge. Einmal im Jahr laden Hoss, Dirk Schoenmakers, Michael Ley und Thomas Gorba dazu zum so genannten Jahreskonzert ein. Das fand vergangenen Samstag erstmals im Saal des Lantershofener Winzervereins beim Grafschafter Verein Kulturlant statt. Knapp 200 Gäste feierten dort eine dreistündige Party mit Songs von Jeckediz, aber auch jeder Menge anderer Kölner Musikgrößen. Etwa ein Drittel eigene Lieder und zwei Drittel gecoverte Stücke präsentierte das Quartett, dass in Lantershofen zum Sextett wurde. Sebastian Steffens am Bass und Thomas Gießen am Keyboard verstärkten die Band bei diesem Event. Bei einem halben Dutzend ihrer Songs stand zudem Konstanze Kottmann als Gastspielerin mit auf der Bühne.

Das Motto des Abends lautete „Jeck met Hätz“, damit wollte die Formationen zum Ausdruck bringen, dass sie nicht nur reine Karnevals taugliche Songs zum Besten geben, sondern auch Balladen und so manch nachdenkliches Lied in Kölner Mundart zum Repertoire zählen. Den Schwerpunkt aber bildeten natürlich die Stücke, die das Publikum zum mitklatschen, mitsingen und -tanzen animierte. Immer wieder erhoben sich die Gäste von den Stühlen, auf denen sie einfach nicht zu halten waren. Das ging schon los, als Jeckediz ihr neuestes Stück darbrachten und dabei klar machten: „Mir sinn jeck, äwwe jeck met Hätz.“ „Hück don mer fiere“ war gleich darauf die musikalische Einladung ans Publikum, eine große Party zu feiern. Aktuelle Hits derzeit angesagter Kölner Formationen, wie Kasalla oder Cat Balou folgten. An den Tischen und auf den Stühlen steigerte sich die Stimmung von Minute zu Minute. Selbst die immer wieder eingestreuten ruhigen Songs, wie „Du bess die Stadt“ oder „Heimat ess“ taten dem keinen Abbruch. Im Gegenteil: schnell hatte sich ein großer, 200-köpfiger Chor gemeldet, der sich als recht textsicher erwies.

Drei Stunden lang dauerte das Jahreskonzert, bei dem weder die FC-Köln-Hymne „Mir stohn zo dir“, noch der Klassiker „Ich bin ne kölsche Jung“ von Fritz Weber fehlten. Auch der aktuelle „Kölsche Jung“, mit dem Brings seit zwei Jahren jeden Saal rocken, fehlte nicht. Am Ende zeigten sich sowohl Jeckediz, als auch das Publikum zum einen begeistert, zum andern bestens eingestellt für die anstehenden närrischen Tage.

24.10.15: MAM spielt BAP

Verdammt nah am Original

„MAM live“ erinnerten in Lantershofen an das BAP-Konzert vor 21 Jahren

Es war schon kurz vor Mitternacht am Samstagabend, da erklangen im Saal des Lantershofener Winzervereins immer noch die Hits der Kölsch-Rocker von BAP. Dreieinhalb Stunden lang hatte die Kölner Formation „MAM“ Musik aus den ersten Jahren der Kultband BAP zu der Zeit bereits dargebracht. Vor zehn Jahren hatte sich diese erste BAP-Cover-Band gegründet. Damals war Sänger Klaus Drotbohm musikalisch auf Geburtstagen unterwegs, um BAP-Songs darzubieten. Weil Drotbohms Stimme der von Wolfgang Niedecken, dem Sänger der so erfolgreichen Kölner Rockband täuschend ähnlich war, entschloss man sich mit weiteren Musikern zur Gründung einer Coverband. Seither ziehen MAM durch die Lande, um dem musikalischen Werk ihrer Vorbilder zu huldigen. Zum zehnjährigen Jubiläum war die Band nun beim Verein Kulturlant zu Gast. Dabei brilliert MAM nicht nur durch die beinahe identisch klingende Stimme ihres Sängers, sondern auch durch die von Konzert zu Konzert lang anhaltende Spielfreude. In Lantershofen entließ MAM seine Fans erst nach dreieinhalb Stunden in die Nacht. Vorangegangen waren 29 Hits aus den ersten Jahren von BAP. Dabei erwies sich das Publikum als äußerst textsicher.

Viele der Besucher waren schon 1994 dabei, als BAP höchstpersönlich in Lantershofen zu Gast waren, um sich seinerzeit musikalisch auf eine anstehende Deutschlandtournee vorzubereiten. Damals entstand auch ein Foto, das seither im Booklet der CD „Wahnsinn“ zu sehen ist. Kein Wunder dass der erste Weg der Coversänger zu eben jener Stelle führte, an der seinerzeit das Foto geschossen wurde. Klar auch, dass es das Motiv nun auch mit den Musikern von MAM gibt. Die achtköpfige Band rockte dann am Abend, ebenso wie ihre großen Vorbilder, den Lantershofener Winzerverein. Beginnend mit dem Anti-Karnevals-Song „Nit für Kooche“ war Hit auf Hit aus den Anfangsjahren von BAP zu hören. „Zehnter Juni“ oder „Ne schöne Jrooß“, „Nemm mich mit“ oder „Denn mir sinn wieder wer.“ Rockige Nummer wie „Drei Wünsch frei“ wechselten sich mit ruhigen Stücken wie der Ballade vom Kriegsveteranen „Jupp“, der seine Erlebnisse nicht verarbeiten konnte, oder dem verrückten Mädchen „Lisa“ ab. Der „Müsli-Man“ fehlte ebenso wenig wie der „Waschsalon“ oder das Liebeslied „Du kanns zaubere.“ Im Doppelpack gab’s die beiden wohl erfolgreichsten Single-Auskopplungen „Verdammt lang her“ und „Kristallnaach“, wobei Klaus Drotbohm den Text des vor 32 Jahren entstandenen Songs „Kristallnacht“ angesichts brennender Flüchtlingsheime als gerade in der heutigen Zeit hoch aktuell bezeichnete. „Wir stehen voll hinter der Aussage des Liedes“, so der MAM-Sänger. BAP äußerten sich immer wieder politisch und legten den Finger oft genug in die Wunde, MAM steht ihren Vorbildern dabei in nichts nach. Nach mehr als drei Stunden Kölschrock gab es dann die erste von insgesamt sechs Zugaben, am Ende hörten die Besucher noch die Ballade „Sendeschluss“ über die 15-jährige Kerstin auf ihrer Flucht aus dem Alltagstrott. Mit diesem Stück aus dem Album „Zwesche Salzjebäck un Bier“ war dann auch für MAM Sendeschluss eines fulminanten Cover-Rock-Abends.

06.09.15: Volker Weininger

„Im Land der Dichter, Denker und Sitzenbleiber“

Kabarettist Volker Weininger zeigte sich in Lantershofen schonungslos

Beim Grafschafter Verein Kulturlant e.V. hat am vergangenen Donnerstag die neue Spielzeit begonnen. Dabei erlebten knapp 140 Besucher die Vorpremiere des neuen Programms „Bildung. Macht. Schule“ des Bonner Kabarettisten Volker Weininger. Weininger, der gerade dem rheinischen Publikum aus seiner Rolle des angetrunkenen Sitzungspräsidenten bekannt ist, startet in diesen Tagen sein zweites Kabarettprogramm, in dem er sich explizit mit dem Bildungssystem in Deutschland beschäftigt und dabei schonungslos den Finger in jede sich zeigende Wunde legt. Dabei hält er keineswegs nur den Pädagogen den Spiegel vor. Weininger rechnet mit all den ab, die in irgendeiner Weise mit dem Bildungssystem in Berührung kommen. Das ist beinahe jeder im Staat, außer den 4,2 Millionen Analphabeten. Aber die werden ja bald eingeschult und dürfen sich dann ebenfalls als Teil des Kabarettprogramms fühlen.

Dass Deutschland als eines der wenigen Länder eine Schulpflicht hat, hat seine Gründe: „Der Staat verbietet den Hausunterricht, damit keiner merkt, was in der Schule so alles schief läuft“, so der Kabarettist zum Auftakt. Er berichtet vom Lehrerehepaar: er ausschließlich Sportlehrer und damit auf der nach oben offenen Eierschaukelskala ganz vorn; sie ebenfalls Sportlehrerin mit einem Zweitfach, nämlich dem „textilen Gestalten.“ Für Weininger ist das der Nachfolger der Prügelstrafe, das „Waterboarding“ der Pädagogik. Auf der anderen Seite die übervorsichtigen Eltern, die ihren Behütungsmarathon für Einzelkinder ausleben: Kettcar mit Stützrädern, Wattebausch am Geigenbogen oder mit Fahrradhelm auf der Schaukel. Und diese Kinder werden mit 10 Jahren selektiert: Gymnasium, Realschule, Hauptschule. Wer soll das entscheiden? Eltern oder Lehrer? Beides ist falsch im Land der Dichter, Denker und Sitzenbleiber.

Weininger ist längst dabei, seinen Rundumschlag weit über die Pädagogik auszudehnen. „Warum verdient der Pfleger einer Software mehr, als der Pfleger eines Menschen?“ Was läuft falsch in unserem System, fragt er sich. „Ist es korrekt, dass die Putzfrau mit ihren Steuergeldern ein Zahnarztstudium finanziert.“ Da geht der Kabarettist doch lieber in die Christmette, buht die Kinder beim Krippenspiel aus und holt sich den Eintritt aus dem Klingelbeutel zurück. Schließlich muss doch heute alles optimal laufen und funktionieren, was beim Krippenspiel nicht der Fall war.

Zweieinhalb Stunde heizte der Bonner, der schon für sein erstes Kabarettprogramm „Euer Senf in meinem Leben“ mit zahlreichen renommierten Preisen ausgezeichnet wurde, dem Publikum in Lantershofen ein, dabei testete er alleine im ersten Abschnitt rund 75 Minuten, was beim Auditorium ankommt, was nicht. Nicht jeder Gag, der bei einer Vorpremiere zu hören ist, schafft es auch ins Programm. Aus dem Vorgetragenen etwas zu streichen, dürfte Weininger allerdings schwer fallen, keine Pointe fiel durch, Ironie und Bissigkeit kamen an und auch nach zwei langen Halbzeiten verlangte das Publikum noch nach einer Zugabe. Für die zog sich Volker Weininger das rote Sakko um und setzte die Narrenkappe auf, um als Sitzungspräsident noch einen Einblick in sein Karnevalsprogramm zu geben.