05.01.2024: RENÉ SYDOW

„Alles ist Sprache und Sprache ist alles“

Kabarettist René Sydow sang in Lantershofen ein Loblied auf die Sprache und verteufelte das Gendern

Was für eine Wortakrobatik? Auf der Kulturlant-Bühne in Lantershofen begann das Jahresprogramm 2024 mit einem Vortrag des Kabarettisten René Sydow. Der ist nicht nur bekannt für seine komplexen Worttiraden über Politik und Gesellschaft, er lässt sich auch in keine Schublade zwängen, schon gar nicht einer politischen Richtung zuordnen. Daher erhalte er auch kaum Fernsehpräsenz, machte er den knapp 200 Gäste im Lantershofener Winzerverein klar, ohne dabei zu jammern. Denn verbiegen lasse er sich nicht.

Sydows aktuelles Programm „In ganzen Sätzen“ befasst sich mit Sprache. Mit der deutschen Sprache, auf die der Sauerländer ein zweistündiges Loblieb zu singen wußte. Und so machte er den Gästen relativ schnell klar: „Es wird ein sprachlich sehr genauer Abend.“ Sydow erzählte von einer deutschen Sprache voller Falltüren und verteufelte den „sprachlichen Straßenstrich der Datenautobahnen bei WhattsApp, Twitter und Konsorten.“ Vielmehr wurde der Abend als ein komplettes Buch dargestellt. Die Kapitel: Sprache in der Politik, Sprache als Ablenkung, politisch korrekte Sprache und Sprache des Fanatismus.

Je mehr der Abend fortschritt, umso mehr echauffierte sich Sydow. Vom eher flachen politischen Ablenker, die SPD sei auch dank des Kanzlers die „Partei des kleinen Mannes“ ging es dem Internet schnell an die Wäsche. Da sezierte der Kabarettist die „kaputtesten und schädlichsten Apps der Welt“, deren User in der Einsamkeit verblöden. Er referierte über die Dauerüberwachung mit dem ausschließlichen Nutzen für Konzerne. Da ging es um die immer Beleidigten und die Deckungsgleichheit von politischer Korrektheit und religiösem Fanatismus in der Sprache. Dabei sieht sich Sydow durchaus als Spracharbeiter, besessen vom Ziel, die Welt zu verbessern und machte im Epilog klar: „Alles ist Sprache und Sprache ist alles.“ Das Publikum in Lantershofen dankte mit langem Applaus für die oftmals überdeutlichen Worte.

Veranstaltungsankündigung

In ganzen Sätzen

Es könnte einem die Sprache verschlagen: Die Alten jammern, die Jungen tweeten, die Woken gendern, die Assis prollen, die Rechte spaltet, die Linke auch. Nur die Klugen sind verstummt. Damit ist jetzt Schluss!

Deutschlands sprachmächtigster Kabarettist spricht nun an und aus, was in unserer Sprache und Gesellschaft verschleiert, totgeschwiegen und zerredet wird. Er seziert Herrschaftssprache und Internetgebrabbel, lässt heiße Luft aus Schaumschlägern und Wichtigtuern, entlarvt Phrasendrescher und Wortverbieter. Wo andere faseln, redet er Tacheles. Wo gelabert wird, stellt er fest. Statt Blabla gibt es Gedanken. Statt Larifari: Sinn.

Und wenn der Zuschauer sich fragt: „Darf man das so sagen?“, dann antwortet der Kabarettist: „Ja. Aber nur in ganzen Sätzen.“

„Ein Freibeuter, der es versteht Breitseiten abzufeuern und zwar zugleich in alle Richtungen. Ein Treffer nach dem anderen.“
Schwetzinger Zeitung

„Ätzend, bitterböse, ein brillanter Intellektueller, der den großen Wurf verfolgt. Einer der Großen des politischen Kabaretts“
Die Rheinpfalz

28.-31.12.2023: COVERBAND-FESTIVAL

Welthits wie am Fließband

Mit einem viertägigen Cover-Band-Festival zwischen Weihnachten und Neujahr haben Lantershofener Vereine das Jubiläum „125 Jahre Winzerverein Lantershofen“ ausklingen lassen. Das Festival renommierter Bands, die zumeist vor vierstelligen Besucherzahlen auftreten, in der Clubatmosphäre des altehrwürdigen Winzervereins war der Höhepunkt der Festivitäten. Hunderte von Besuchern wollten sich die Konzerte nicht entgehen lassen. Die Auftritte von „The Queen Kings“, „Abba Fever“ und „Still Collins“ waren ausverkauft und auch beim Konzert von „Alex im Westerland“ am Silvesterband war der Winzerverein gut gefüllt.

Dabei gab es einen Hit nach dem anderen auf die Ohren. Was auffiel: die Musik von Queen, Abba, Genesis oder den Toten Hosen ist zeitlos, das Publikum von ganz jung bis „längst in Rente“ feierte die Musiker. Rockig ging es los, als die Queen Kings die Titel aus dem Film „Bohemien Rhapsody“ coverten, wobei eine Rockhymne die nächste jagte. „We Will Rock you“, „A Kind of Magic“, „We are the Champions“, „Who Wants to Live Forever“, die Band wagte sich sogar an Bohemian Rhapsody und brachte mehr als zwei Dutzend Queen-Hits nach Lantershofen.

Tag darauf ließen „Abba Fever“ aus Hamburg die Zeit der Disco aufleben. Natürlich geizte auch diese siebenköpfige Formation nicht mit den Gassenhausern der vier Schweden. Ob „Waterloo“, „Dancing Queen“, „Mamma Mia“ oder „Thank you for the Music“, es gab in fast drei Stunden alle großen Hits zu hören.

Gleiches galt auch für Still Collins, die die musikalische Welt des Phil Collins durchleben ließen, angefangen in der Zeit, als Collins noch am Schlagzeug saß und Peter Gabriel die Stimme von Genesis war. „Solsbury Hill“ oder „Sledgehammer“ waren zu hören, dann die großen Genesis-Hits der Collins-Ära und schließlich die Gassenhauer aus der Solokarriere Collins‘. Und schließlich waren es am Silvesterabend „Alex im Westerland“, die noch einmal rund 200 Gäste mit den Hits von „Die Ärzte“ und „Die Toten Hosen“ auf ein rockiges neues Jahr einstimmten. Der Winzerverein wurde an vier Abenden seiner Atmosphäre als Musik-Club vollauf gerecht.

16.12.2023: MATTHIAS EGERSDÖRFER

Eigentlich ein ganz normaler Verrückter

Starke Nerven und eine große Freude am Theaterspiel brauchte, wer sich am Samstag in den Lantershofener Winzerverein begab. Dort sorgte das Gastspiel des Fürther Kabarettisten und Schauspielers Matthias Egersdörfer für Reaktionen, wie sie unterschiedlicher kaum sein konnten. Während die einen zur Pause bereits das Theater verließen, zeigten sich die anderen vom Vortrag restlos begeistert. „Der Mann ist ein wandelndes Gesamtkunstwerk“, so ein Gast nach einer Show in Überlänge. Fast drei Stunden hatte Egersdörfer da auf sein Publikum eingewirkt. Mehr als 200 Gäste wollten den exzentrischen Franken mit weichem Kern erleben.

Egersdörfer trat dabei in eine Rolle aus Erlebtem, Wunschdenken und Träumereien. Er spielte den Mieter im Hinterhaus in einer Wohngemeinschaft, der er persönlich oder am Telefon mal freundlich, mal grummelnd begegnete. Wenn der Egersdörfer dann am Wohnzimmertisch dem aktuell Positivsten aus seinem wahren Leben frönte, sich also die wohlschmeckende Brühe aus der neuen Kaffeemaschine einverleibte, kam der wahre Mensch in ihm heraus. Er, der der ollen Frau Schlitzbier aus dem Vorderhaus, einer 86-jährigen Ostpreußin, tagein tagaus beim Dauerhusten zuhören musste und sich dann von ihren flapsigen Wortfetzen in den Wahnsinn treiben ließ. Er, den das Geplärre der „Bahulgenkinder“ aus der Wohnung unter ihm noch wahnsinniger werden ließ. Dort, wo die Bahulgenmutter tagein, tagaus nur an den sieben, 13 oder 21 Kindern ziehe, zupfe und deren Wäsche wasche und ob der Masse die Bälger nicht einmal mehr unterscheiden kann. Und obendrüber wohnt der Scheinheilige und will den Egersdörfer seit Jahren in seine Wohnung locken – vergeblich.

In all dem Wahnsinn träumt der geplagte Hinterhaus-Mieter davon, einem Publikum in seinem Wohnzimmer seine neueste lyrische Komposition vorstellen zu dürfen: das „Manifest des idealen Sonntags.“ Dabei gleitet er mit herrlichen Geschichten und Vergleichen immer wieder in die lyrischen Tiefen einer gewissen Verrücktheit ab.

Was denn eigentlich ein Manifest sei, wollte der Egersdörfer wissen und sprach Besucher direkt an, um sie dann mehr oder minder bloßzustellen. Das Cholerische, dass den Franken bekannt und berühmt machte, hat er zwar zurückschrauben, aber keineswegs gänzlich abstellen können. Gebremst wird er immer wieder von der Mutter. Eigentlich längst gestorben, hat er sie in Form einer Puppe aus Sperrmüll wieder auferstehen lassen, um sich von ihr Vorschriften machen zu lassen. Auf das Leben übertragen, kann er vieles nicht. Die Ex-Frau hat er im Telefon unter „Terror“ gespeichert, wie er überhaupt die Denkart von Frauen mit der Lebensweise von Tiefseefischen vergleicht, beides unergründlich. Egersdörfer ist von der Umwelt gebeutelt und sagt: „Du kriegst doch heute keinen Schulabschluss mehr ohne einen Grundkurs in Arroganz.“ Immerhin reicht es am Ende noch für die komplette Verkündigung des 20-Punkte-Manifestes, bei dem klar wird: er wünscht sich die heile Welt aus Samstagsspaziergang, Sonntagsmesse, Frühschoppen und Braten am Mittag zurück, vielleicht noch ein wenig Beischlaf nach dem Mittagessen.

Veranstaltungsankündigung

Matthias Egersdörfer – „Nachrichten aus dem Hinterhaus“

Gehen sie durch die große Eingangstür des Mietshauses, dann geradeaus weiter durch das Tor. Jetzt stehen sie im Hinterhof, links neben ihnen die Abfalleimer, die riechen mal weniger, mal mehr. Schreiten sie am besten zügig weiter, rechts herum, vorbei an der alten Kastanie, die ihre Äste in das bisschen Himmel reckt. Gleich dahinter befindet sich der Eingang zum Hinterhaus. Über ein schmales Treppenhaus kommen Sie in den zweiten Stock hinauf. Vor Ihnen befindet sich nun die rote Eingangsstür. Dahinter haust der Egers mit der Frau. Treten Sie ein! Hinten in der Wohnung, da liegt er im Bett und träumt seine lustigen Nachrichten. Im Wohnzimmersessel sitze er und schüttelt den Kopf deswegen. Kommen Sie mit in die Küche, da hat er gerade ein Käsebrot gegessen, man kann den Käse noch riechen.

Jetzt lehnt er sich zum Küchenfenster hinaus. Sie können ihm direkt über die Schulter blicken. Man hört die alte Frau Schlitzbier aus dem Vorderhaus husten. Einen Stock darunter plärren die Bahulgenkinder und die Kindsmutter; es geht um die Feuerkäfer vom Bub, die im Bett herumlaufen, sie plärren so laut, dass einem schier die Synapsen aus dem Ohr herausfallen. Schnell schließt der Egersdörfer das Fenster wieder und da hat er Sie entdeckt.

Doch sie brauchen keine Angst zu haben, er tut ihnen nichts. Er kocht ihnen sogar einen Kaffee. Sie müssen sich nur zu ihm an den Küchentisch setzen und ihm zuhören und schon erzählt er Ihnen, was es mit dem Husten und den Käfern auf sich hat und welche Nachrichten aus dem Hinterhaus es noch gibt. Er ist ein guter Erzähler und sie das perfekte Publikum.

Regie: Claudia Schulz

www.egers.de

02.12.2023: JECKEDIZ

„Jeckediz“ kamen sozialkritisch daher

In Lantershofen gab es ein außergewöhnliches Konzert

„Manche Leute sagen, wir seien eine Karnevalsband“, meinte Michael Ley, Musiker der Kreisstadt-Formation „Jeckediz“ am Samstag in Lantershofen. Prinzipiell mag diese Einschätzung stimmen, auf der Kulturlant-Bühne gab es jedoch ein ganz anderes Programm namens „Mer künne och anders.“ Anders können im nahen Köln nämlich auch die Musiker, die ansonsten für die Verbreitung guter Laune zuständig sind. Und darum coverten Jeckediz nun in Summe 21 kölsche Songs mit sozialkritischen Texten.

Da ging es beispielsweise um Hass gegen Ausländer, um Widerstand aus den Zeiten des Nationalsozialismus, um das Leben Obdachloser und gänzlich darum, den Menschen so zu nehmen, wie er ist. Auch den Bezug zur Flutkatastrophe im Ahrtal fanden Jeckediz im Bläck Fööss-Lied „Usjebomb“, weil es nach der Flut in den Orten kaum anders aussah als nach dem Zweiten Weltkrieg in Köln. Immer wieder gab es Songs aus den sogenannten „Arsch huh“-Projekten zu erleben. Die standen schon in den 1990er Jahren für den Kampf gegen Rassismus.

Jeckediz sangen über „Fleisch un Bloot“ oder „Jröne Papajeie“ aus der Feder von Kasalla, über Rußland-Rückkehrer „Jupp“ der auf der Straße landete, über BAP-Song „Wellenreiter“ über Mitläufer oder „Ungerm Adler“ von den Bläck Fööss. Die fünf Stamm-Musiker Andreas Hoß, Dirk Schoenmakers, Michael Ley, Michael Schella und Thomas Gorba hatten sich Verstärkung auf die Bühne geholt. Keyboarder Thomas Giesen war dabei eine Klasse für sich und die erst 16-järhige Rebecca Schoenmackers, die „Nit mit uns“ (Anke Schweitzer & Rolf Lammers) sowie „Bes zom nächste Morje“ (BeerBitsches) sang, bewies eine großartige Stimme.

Mit dem Konzert, dass Michael Ley kurzweilig mit vielen Geschichten über die Jeckediz-Musiker moderierte, zeigte die heimische Band mehr als drei Stunden lang die Facetten der kölschen Liedkultur auf, die auch anklagend, fragend und protestieren sein kann. Die Gäste im ausverkauften Lantershofener Winzerverein dankten der Band am Ende mit stehenden Ovationen.

Veranstaltungsankündigung

Mer künne och anders!

Von einer ganz anderen Seite präsentiert sich die Ahrkreis-Mundartband „Jeckediz“ am 2. Dezember in Lantershofen. Dann heißt ihr Programm „Mer künne och anders“ – Jeckediz anders erleben. Schon einmal trat man unter dem Programmnamen in der ehemaligen Ahrweiler Synagoge auf und erntete viel Beifall. „Jetzt soll es endlich ein Fortsetzung geben“, sagt Sänger Dirk Schoenmakers. Was Jeckediz bieten, sind nachdenkliche, tiefgründige, kritische kölsche Lieder von den Bläck Fööss, BAP, Brings, Kasalla, Paveier und vielen anderen sonst eher im Karneval beheimateten Bands. Dass diese Bands nicht „nur“ Karneval können, will Jeckediz in seinem Programm zeigen. Die Musiker werden dies in der gewohnten Besetzung, aber verstärkt mit Thomas Giesen an den Tasten und mit akustischen Instrumenten in etwas „abgespeckter“ Version gegenüber ihren sonstigen närrischen Auftritten präsentieren. Aus diesem Grund ist es auch keine Stehplatzveranstaltung, der Saal des Winzervereins wird bestuhlt, Gastgeber ist der Grafschafter Verein Kulturlant e.V. Mit dem Erlös wollen Jeckediz und Kulturlant die Arbeit des Vereins „Botzedresse – Kinderherzen in Not e.V.“ unterstützen.

25.11.2023: MARTIN ZINGSHEIM

Verzicht muss auf jeden Fall Spaß machen

Kabarettist Martin Zingsheim begeisterte in Lantershofen mit „aber bitte mit ohne“

„Aber bitte mit ohne“ – wird das schon wieder so ein „rot-grün versifftes Weltverbesserungsprogramm“? Das fragte ausgerechnet der, der dem Programm seinen Namen gab: Kabarettist Martin Zingsheim. Der Kölner war am vergangenen Samstag zu Gast bei Kulturlant in Lantershofen. Dort begeisterte er mehr als 220 Gäste mit einem Programm, dass an Stand-up-Kabarett erinnerte, obwohl es das eigentlich nicht war. Vielmehr sprach Zingsheim zwei Stunden lang über den geprobten Verzicht, bei dem man aber nicht auf irgendetwas verzichten will. Das zumindest ist die Quintessenz aus seinen Erfahrungen. Und so hielt Zingsheim dem Publikum auch immer wieder den Spiegel vor, mimte den Weltverbesserer, der sich nur rudimentär hinterfragt. Bei 462 Kilogramm Hausmüll pro Kopf und Jahr und 120 Millionen Fluggästen in der Luft ist das auch schwerlich möglich.

Aber wie war das mit dem Titel? Seine Frage beantwortete Zingsheim nach einigen Zögern mit „ja.“ Es wird ein rot-grün versifftes Programm zur Weltverbesserung. Auch weil andere Arbeitstitel nichts taugten. „Jägermeister ist kein Ausbildungsberuf“ war so ein Arbeitstitel. „Aber dann kommen auch die Falschen“, so Zingsheim. Und wer bei „Hirnforschung für Nichtbetroffene“ ein Ticket kauft – da weiß man auch Bescheid. Also „aber bitte mit ohne.“ Denn Verzicht liegt im Trend. Muss aber Spaß machen: weniger Alkohol, weniger Fett, weniger Sport. Oh, wunder Punkt. Aber Verzicht muss sein, da kommt der Müll wieder ins Spiel. „Früher gab es Seife, am Stück, unverpackt“, erinnert sich Zingsheim. „Das hielt je nach Nutzung ein Leben lang“, so die folgende Pointe.

Von den Pointen hatte er unzählige im Repertoire, das Publikum kam kaum aus dem Lachen heraus, so gebündelt schoss der Kabarettist seine Gags in den Winzersaal. Hin und wieder setzte er sich ans Piano und trug seine weltverbessernden Ideen musikalisch vor. Seine Message: Recycling ist nicht die Lösung. Und so wetterte Zingsheim gegen Millionen von Pappbechern für Kaffee. Er habe neuerdings einen Henkelbecher aus Metall bei sich. „Da stelle ich den viel zu heißen Pappbecher rein.“ Und so jagte ein misslungener Versuch der Weltverbesserung den nächsten. Bleibt zu hoffen, dass das Publikum über den ein oder anderen Kalauer noch einmal nachdenkt.

Martin Zingsheim war am Samstagabend nicht alleine nach Lantershofen gekommen, im Auto saß auch noch Junior Anton Zingsheim. Der durfte sogar auf die Bühne und den Papa mit seiner Geige beim letzten Musikstück begleiten. Und so gab es stehende Ovationen für beide Zingsheims.

Veranstaltungsankündigung

Martin Zingsheim – aber bitte mit ohne

Heutzutage ist Verzicht der wahre Luxus. Echte Teilzeit-Asketen verzichten eigentlich auf alles: Fleisch, Laktose, Religion und vor allem eine eigene Meinung. Einfach loslassen. Auch Martin Zingsheim hat sich frei gemacht. Ein Mann. Ein Mikro. Keine Pyrotechnik. Denn alles was Du hast, hat irgendwann Dich. Und Relevanz braucht keine Requisiten. Wenn Überflussgesellschaften Verzicht üben, ist das Leben voller Widersprüche.

Zweitägige Fernreisen treten Viele nur noch in fair gehandelten Öko-Klamotten an und transportieren Wasser in Plastikflaschen dafür mit dem Elektrofahrrad. Martin findet in „aber bitte mit ohne“ gleich eine ganze Menge Wahnsinn, auf den man sofort verzichten könnte: Kundenrezensionen, Terrorismus-Experten, Tierfreunde, Hobbypsychologen, Online-Petitionen und glutenfreie Sprühsahne. Nur auf eines sollten Sie niemals verzichten: nämlich ins Theater zu gehen!

Martin Zingsheim, mit Auszeichnungen überhäufter Comedian aus Köln, präsentiert sein ständig aktualisiertes Erfolgsprogramm, in dem er wie kein Zweiter sprachlich brillante Komik und rasante Gags mit kritischer Tiefenschärfe zu verbinden weiß. Zingsheim ist wie Philosophie, nur mit Witzen statt mit Fußnoten. Dadurch wird’s auch deutlich lustiger.

14.10.2023: INKA MEYER

Die Kaulquappen unter den Rindviechern

Kabarettistin Inka Meyer war in Lantershofen zu Gast

Auftakt der Saison 2023/24 beim Grafschafter Verein Kulturlant: am vergangenen Samstag stand Kabarettistin Inka Meyer auf der Bühne im Lantershofener Winzerverein und spielte vor 150 Gästen ihr aktuelles Programm „Zurück in die Zugluft.“ Meyer, 44, vollständig bemannt aber ganz gezielt kinderlos, skizzierte in dem knapp zweistündigen Programm gnadenlos ihr Leben, ihr Umfeld und ihre Zukunftsvisionen. Dabei nahm sie ihren Bekanntenkreis gleich mit und bewies irgendwie nicht nur eine große Beobachtungsgabe, sondern ließ auch so manchen Bekannten verbal über die Klinge springen. Meyer machte deutlich, dass ihr vieles an der aktuellen Welt nicht gefällt. Beispiel Anglizismen. Da steht für die gebürtige Erlangerin mit friesischen Wurzeln fest: „To go ist ein no go.“ Aber damit muss sie sich höchstens im Stehcafé an der Ecke auseinandersetzen. Schwieriger wird es im näheren Umfeld, wo die Kabarettistin die CO2-Bilanz von Zierfischen unter die Lupe nahm. Da passte es doch, dass in Bayern Moore rekultiviert werden und dann Wasserbüffel dabei als Moor- und Klimaschützer zum Einsatz kommen. „Die sind ja sozusagen die Kaulquappen unter den Rindviechern“, stellte Inka Meyer klar.

Ach ja, Kinderwunsch war nie. Im Gegenteil. Ist auch besser, zumindest sei es früher doch so gewesen, dass Eltern ihre Kinder erzogen hätten. „Heute erziehen die Kinder ihre Eltern“ blieb Meyer im großen Überthema Klimaschutz. Apropos Kinder und Familie. Dass Jesus aus einer der ersten Patchwork-Familien stammte, wurde im Programm auch deutlich, hatte er doch vier Geschwister, allesamt von Stiefvater Josef. Kind von Gott wolle sie dagegen auch nicht gewesen sein, meinte Inka Meyer. Schon weil er immer übers Wasser ging, wurde Jesus doch von den anderen Kindern gehänselt, da er wohl nicht schwimmen könnte. Und was ist das Geheimnis einer guten Ehe? Der Ausschalter am Hörgerät.

Der Blick auf die Familie schweifte immer wieder nach Friesland, wo die Menschen im Schnitt 300 Liter Tee im Jahr zu sich nehmen. Mehr trinken nur die Japaner. Und die Queen trank mehr. „Deshalb war sie auch so abgebrüht“, hatte Meyer bemerkt.

Die Bahn-Vielfahrerin hatte schließlich auch noch einen Tipp parat: Knapp buchen, Züge verpassen, Ticketkosten zurückverlangen. Rund 1100 Euro habe sie im vergangenen Jahr in Bahntickets investiert, 580 Euro gab es als Entschädigungen zurück. „Da kauf ich mir doch kein 49-Euro-Ticket, ist doch viel zu teuer.“ In Lantershofen erhielt Inka Meyer für ihren Auftritt viel Applaus, obwohl sie stark erkältet schon mit hörbar angeschlagener Stimme sprach. Auftritte nach dem Samstag sagte sie ab.

Unterdessen erhielt der Verein Kulturlant am Samstag die traurige Nachricht, dass der Kölner Musiker Frank Hocker plötzlich und unerwartet verstorben ist. Das für 4. November geplante Konzert mit „Köster und Hocker“, ist ersatzlos gestrichen, Infos zur Ticketrückgabe sind auf den online-Kanälen von Kulturlant abrufbar.

Veranstaltungsankündigung

Zurück in die Zugluft – Die unerträgliche Seichtigkeit des Scheins

Als Kind war jeder Tag ein Sonntag. Als Student immer Freitag. Und heute ist irgendwie ständig Montag. Was ist passiert? Unser Alltag ist ein Ausnahmezustand, der zur Regel wurde. 60% aller Menschen reden mit ihrem PC, wobei 90% persönliche Beleidigungen sind und 20% in Handgreiflichkeiten enden. Was haben Bill Gates und Karl Marx gemeinsam? Beide sind Erfinder von Systemen, die gut gedacht waren, aber die Menschen in tiefste Verzweiflung gestürzt haben. Und mein Arzt meint auch noch, ich solle mich mehr bewegen. Wieso? Ich laufe dreimal täglich Amok!

Was uns bleibt, ist die Flucht. Nur Wohin? Zurück in die Natur? Ich schaffe es ja nicht mal in den eigenen Garten. Neulich habe ich dort einen Riesenkompost entdeckt, sogar auf Stelzen. Dann habe ich gemerkt: „Verdammt! Das ist das Gartentrampolin.“

Deshalb sagen viele Menschen in Deutschland: „Was wir brauchen ist ein Führer!“ Auf Neudeutsch: „Coach“. Zur Selbstfindung. Nur was, wenn mir nicht gefällt, was ich da finde? Mein Chef hat meinen Achtsamkeits-Coach sogar bezahlt. Toll, denn dank meiner Firma weiß ich endlich, dass ich den falschen Job habe. Doch enden meine Bewerbungsgespräche stets mit: „Veni, vidi, violini.“ Übersetzt: „Ich kam, ich sah, ich vergeigte.“

Mal ehrlich: Zu unserem Glück brauchen wir keinen Coach, sondern eine anständige Couch! Ein Platz nur für uns allein. Wo es den gibt? Bei Inka Meyer. Sie ist „die letzte Inka“ des deutschen Kabaretts. Das heißt: Indianerin und Fährtenleserin im Dickicht der Moderne. Die Tochter eines friesischen Orientexperten ist die perfekte Reisebegleitung auf der Suche nach dem verlorenen Spaß. Im Anschluss an ihre Show werden Sie laut ausrufen: „Freunde! Wenn ihr Probleme braucht, ich bin immer für euch da.“

10.06.2023: BARBARA DENNERLEIN

Die Königin des Orgelspiels zu Gast

Barbara Dennerlein tourt durch die ganze Welt – in Lantershofen war sie dennoch vom hohen Zuspruch überrascht

Es echter Weltstar war am vergangenen Samstag in Lantershofen zu Gast und gab ein Konzert in der dortigen St. Lambertuskirche: Barbara Dennerlein. Dabei zeigte sich die Münchenerin vor allem ob des großen Zuspruchs überrascht: 350 Zuhörer sorgten für eine proppenvolle Kirche, in die die Veranstalter noch etliches an Zusatzbestuhlung aufbauen mussten.

Orgelkonzerte, meist in Kirchen zu hören, gehören nicht zum musikalischen Mainstream, der hunderte von Besuchern anlockt. Bei Barbara Dennerlein kommt hinzu, dass sie die Kirchenorgel für ihre jazzlastigen Interpretationen und eigene Melodien nutzt. Gerade mit dieser Musik aber gehört sie seit Jahrzehnten zu den weltbesten Künstlerinnen an der Hammond-Orgel und gilt als erfolgreichster Jazz-Export Deutschlands. Offensichtlich hatten die Veranstalter vom Lantershofener Orgelteam, dass dieses Mal ob der Komplexität der Veranstaltung vom Grafschafter Verein Kulturlant unterstützt wurde, bei der Buchung das richtige Händchen. Denn Barbara Dennerlein tritt nicht allzu oft auf, sie einmal live zu erleben, ist aber Ziel vieler Organisten und Orgelspieler. Und darum kamen diese auch aus einem großen Umkreis und bis nach Lantershofen. Manche nahmen Strecken von 200 Kilometern und mehr auf sich.

Soweit kamen auch zwei Männer aus den Niederlanden angereist. Im Gepäck hatten sie eine ganz spezielle Hammond-Orgel für Barbara Dennerlein. Die Hammond B3 wurde im Bass durch eine Zusatzsteuerung verstärkt und erzeugt einen dem Kontrabass näheren Klang. Diese größte transportable Hammondorgel begleitet Barbara Dennerlein oft bei ihren Konzerten.

Zunächst setzte sie sich jedoch an die Kirchenorgel und freute sich, dass der Orgeltisch Podium direkt am Besucher steht. Das Lantershofener Instrument bezeichnete sie als „sehr kraftvoll für seine Größe“ und startete mit einem Stück von Fats Waller, der zahlreiche Stummfilme untermalte. Sein „Honeysuckle Rose“ gehört zu den bekanntesten Liedern des Jazzpianisten. Aus der Feder von Barbara Dennerlein stammt die „Overture for a new world“, ein fast schon monumentales Werk, mit dem sie die Kraft der Natur gegenüber allem anderen in den Vordergrund rücken möchte. „The Holy Blues“ zeigte, welch wunderbares Instrument die Orgel für einen Blues darstellt. Dass es auch weniger ruhig zugehen zeigt, zeigte Dennerlein mit dem „Tango perdido“, nachdem sie von der mechanischen Orgel zur Hammon Orgel wechselte. Auch hier zeigte Barbara Dennerlein die ganze Bandbreite ihres Könnens. Die Arbeit der Künstlerin mit Händen und Füßen entging dem Publikum nicht, Kameras übertrugen das Spiel auf eine Leinwand im Altarraum. Zu hören gab es auch nun Blues, Calypso und die Ballade „Missie“ von Eric Gardner. Am Ende wurde es dann lebhaft: „Swing the blondes“ ließ das Publikum bei hochsommerlichen Temperaturen zumindest mit den Füßen wippen, der relaxten Funkynummer „Southern Funk“ als Zugabe folgten dann jedoch stehende Ovationen.

Veranstaltungsankündigung

Spiritual Movements – Jazz Meets Pipe Organ

“Barbara Dennerleins Konzerte sind stets mehr als „nur“ Musik – sie sind ein tief berührendes Erlebnis.”

Die Jazz-Organistin Barbara Dennerlein ist ein Weltstar. Nicht nur bei der eingeschworenen Jazzgemeinde ist sie eine feste Größe wegen ihrer weltweit gefeierten, spektakulären Live-Auftritte mit ihrer Hammond-B3-Jazzorgel und zahlreichen Einspielungen darauf – solo oder mit Begleitung. Darüber hinaus hat die “Grand Lady of Organ” einen epochalen Schritt gewagt: Sie überträgt die Strukturen und das Feeling des vielgestaltigen Jazz von der elektronischen auf die veritable Pfeifenorgel, und zwar auf die erlesenen “Königinnen der Kirchenmusik”, zum Beispiel jene Schuke-Orgel in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin und auf weitere “große” Orgeln rund um den Globus wie die Gewandhausorgel in Leipzig, der Klaisorgeln in der Münchner und Kölner Philharmonie sowie des Dortmunder Konzerthauses, die Schuke Orgel der Berliner Philharmonie, die Steinmeyer-Orgel im Hamburger Michel, die von-Beckerathorgel in der Hannoveraner Marktkirche, die Kuhn Orgel in der Essener Philharmonie, die Rieger Orgel in der Lotte Concert Hall in Seoul, die Glatter-Götz Orgel im International Performing Arts Center in Moskau, die Mühleisen Orgel im Palace Of Arts in Budapest, die Grönlund Orgel der Eismeerkathedrale in Tromsdalen/Norwegen, die Dobson Orgel im Kimmel Center in Philadelphia oder der Torrence & Yeager Orgel der Trinity Church in New York und und und…

Die grandiose Meisterin der Register, der Manuale und Pedale spielt auf den großen Anlagen mit soviel Groove, dass absolut Niemand auch nur ein Quäntchen Jazz-Feeling vermissen könnte. Aus einem “Beinahe-Sakrileg” ist eine überaus beeindruckende Innovation entstanden. Barbara Dennerlein vereint mit einem großartigen Gespür für Klangfarben und deren Kombinationen mit zupackender Virtuosität die Elemente des Jazz – Blue Notes, Synkopen, schnittig-erdigen Walking Bass, mitreißende Improvisationen – und der zeitgenössischen Musik zu einem völlig neuen Jazz-Bild. Frech, mutig, ohne Scheuklappen, gelingt ihr, was vergleichsweise nur in den besten Orchester-Arrangements funktioniert: Musik aus ganzheitlicher Sicht – mitreißend, packend, bestaunenswert. Ein aufregender Genuss…”

29.04.2023: SIMONE SOLGA

Schmerzhafter Rundumschlag

Simone Solga nahm Politik und Gesellschaft gehörig in die Mangel

Zum Abschluss der Kabarett-Serie 2022/23 kam es im Lantershofener Winzerverein noch einmal knüppeldick. Auf der Bühne stand die vielfach preisgekrönte und TV-bekannte Simone Solga mit ihrem aktuellen Programm „Ihr mich auch.“ Für die knapp 250 Gäste bedeutete dies: ein Abend, an dem wirklich jede und jeder sein Fett abbekommen sollte. Das machte die Solga, die immer wieder ihre Herkunft aus der DDR betonte, gleich zu Beginn des zweistündigen wortakrobatischen Feuerwerks klar: „Ich bin Sternzeichen ‚Krawallschachtel‘ und ihr werdet nicht das zu hören bekommen, was ihr euch vielleicht wünscht.“ Damit waren die Pflöcke eingeschlagen und Solga startete ihren Rundumschlag gegen die Politik mit aktuellen Themen. „Deutschland zieht sich selbst den Stecker“, so ihre Meinung zum Atomstrom-Aus. Aber auch der Möchtegern-Alleingang von Bayern mit Ministerpräsident Söder gefiel ihr nicht: „Wir weit kann eigentlich ein Wendehals den Kopf drehen, ehe das Genick bricht?“ fragte sie. Auch lokal war die einstige Kabarettistin der Leipziger Pfeffermühle und der Münchner Lach- und Schießgesellschaft bestens informiert. Wie es ausschaue, wenn Deutschland mal wieder eine Rettungsmission starte, könne man ja aktuell im Ahrtal sehen. „Afrika retten wollen, aber schon an Bad Neuenahr scheitern“, dafür gab es viel Applaus. Überhaupt sei es ja Deutschland, dass doch so gerne vorangehe, „aber keiner reitet hinterher.“

Dass der Bürger dazu noch von den Medien manipuliert werde, war ihr ebenfalls klar: „Ich frage mich täglich, ob ich mich für Nachrichten interessieren oder die Tagesschau gucken soll.“ Und dann ging es den Politikern ans Fell. Solga skizzierte einen Kanzler Scholz, der sich an die Staatsspitze „genichtst“ habe und unterstellte ihm ein „tagesaktuelles Verhältnis zur Wahrheit.“ Ex-Verteidigungsministerin Lamprecht sei eher eine quotentechnische Schießbudenfigur gewesen, wobei Simone Solga an den Ministerinnen im Kabinett generell kein gutes Haar ließ: „Die sind nur wegen der Quote im Amt, das sind allesamt Andy Scheuers mit Gebärmutter“, meinte sie auch Nancy Faeser oder Svenja Schulze. „Die versauen das ganze Bild der Innung“ forderte die Solga ein Schluss mit der Quote. Bei den „Ampel-Hampel-Politikern“ (Solga) war längst nicht Schluss, auch die Opposition in Person von Friedrich Merz bekam ihr Fett weg. Und die Politik aus Berlin sowieso, dafür musste die Kabarettistin nur in die Rolle der polnischen Altenpflegerin schlüpfen. Da blieb manchem Gast die Spucke im Hals stecken.

Natürlich hat auch das Volk Angriffspunkte, bezeichnete Simone Solga ihr Kabarett zurecht als eine Art Sado-Maso-Show. Deutschland bestehe doch in der Mehrheit aus Spießern, die den Mund nicht aufbekommen. „Aber die Minderheiten schreien laut und bekommen Recht. Und dann ging es auch noch einmal zurück ins Ahrtal und zu den Tagen nach der Flut mit Besuchern etlicher Politiker: „Leute wie Ministerpräsidentin Dreyer sollten hier sagen, was sie wirklich wollen, nämlich ihren Job und die Kohle behalten, die fette Pension beziehen und in Ruhe gelassen werden.“

Veranstaltungsankündigung

„Ihr mich auch“ (Ein Kabarettprogramm von und mit Simone Solga)

Es war einmal… eine Kanzlersouffleuse. Aber die kann nicht mehr. Denn unser Land ist verrückt geworden: Gesinnung ist wichtiger als Verantwortung, Emotionen sind wichtiger als Fakten, Moralisieren ist wichtiger als Kompetenz. Die alte Solga musste also weg, lang lebe die neue Solga.

Und die sagt in ihrem nagelneuen Programm „Ihr mich auch“: Wenn das Volk sich schon nicht wehrt, dann machen wir eben unsere eigene Revolution. „Ihr mich auch“ ist eine zwei Stunden lange Unabhängigkeitserklärung vom Land der Besserwisser, Untergangsprediger und Meisterheuchler. Wagen Sie den Umsturz im Kopf, gönnen Sie sich die Flucht in die innere Freiheit. Regen Sie sich auf, schimpfen Sie, haben Sie Spaß oder geben Sie sich in der Pause am Tresen gleich die Kante.

Die neue Solga: „Wenn uns das Wasser bis zum Hals steht, wird es höchste Zeit, zu neuen Ufern aufzubrechen.“ Kommen Sie mit!

15.04.2023: PODEWITZ MACHT SCHÖN

Manöver der Familienpanzer vor der Schule

Das Duo Podewitz sorgte in Lantershofen für viel Gelächter, trotz Gespött über Weinliebhaber

Auf der Kulturlant-Bühne im Lantershofener Winzerverein gab es am vergangenen Samstag viel zu lachen. Dafür sorgte das Brüderduo Willi und Peter Podewitz. Schon vor mehr als 20 Jahren waren die gebürtigen Bremerhavener mit dem Förderpreis des Deutschen Kabarettpreises ausgezeichnet worden. Was sie auszeichnet: beide haben in jedem ihrer Sätze den Schalk im Nacken. Was dabei jedoch wie besserer Klamauk klingt, hat immer auch einen tieferen Sinn, wenn dieser auch oft genug erst bei längerem Nachdenken deutlich wird. Wer das nicht wollte, hatte zumindest zwei Stunden lang die Gelegenheit, sich zurückzulehnen und sich köstlich zu amüsieren. Im Gegensatz zu den jüngsten Kabarett-Gastspielen in Lantershofen musste niemand zum Mitspielen auf die Bühne und auch Fremdschämen oder Empörung blieben außen vor. Obwohl: die Aussagen zum Wein und dem Umgang damit hätten am nahen Ahrtal schon zu Irritationen führen können, taten sie aber nicht. Obwohl vor allem für Willi Podewitz, dem wortgewaltigen Stimmführer an diesem Abend, feststeht: „Mein Lieblingswein ist Bier.“ Und so folgerte er, dass sich Weintrinker für kultiviert hielten, dabei aber auch nur einen Grund suchen, sich die berühmte „Kante“ zu geben. Willi Podewitz ließ nicht locker: „Weinwandern ist doch nur ein hippes Event, um zu saufen.“ Am Ende bezeichnete er die Deutsche Weinstraße auch noch als „Jakobsweg für Alkoholiker.“ Vom an Lantershofen angrenzenden Rotweinwanderweg sagte er nichts, wahrscheinlich weil Bruder Peter dort in schöner Regelmäßigkeit gerade zum besagtem Weinwandern aufschlägt. Aber auch Peter Podewitz trug eines seiner als kulturelle Katastrophen angekündigten Gedichte zu diesem Thema vor: „Der Wein muss noch atmen.“ Lieber würde er ihn trinken und am Ende kam es auch dazu: „Der Wein ist leer, es siegte die Gier. Ich glaub, er ist tot, denn er atmet nicht mehr.“

Und sonst? Die beiden Berufskomiker hatten natürlich alle Klischees ihrer Spezies parat, selbst das Publikum bekam erst einmal sein Fett weg, denn das könne ja schon schwierig genug sein. Und so gelte für das Genre der autoritären Unterhaltung („wir machen was und Ihr findet es gut“) die Devise: „Lieber ein leerer Saal, als ein Saal voller Lehrer.“ Die Hintersinnigkeit mancher Aussagen war dabei eigentlich gar nicht so weit hergeholt. Ihr aktuelles Programm heiße „Podewitz macht schön“, weil sich der Mensch doch aufhübsche, wenn er ins Theater geht. Zuhause müssten die Frauen dagegen den eigentlichen Anblick der Männer ertragen.

Klar, dass auch das aktuelle Gendern zur Sprache kam, ebenso die schon bei der Begrüßung beginnende Ausgrenzung. „Hallo Leute“ reiche heute schon lange nicht mehr. Und ob das Buch vom „Räuber Hotzenplotz“ noch so heißt, stand auch zur Debatte. Wohl eher „Der mutmaßliche Räuber Hotzenplotz.“ Nein, das ist auch noch räuberfeindlich. Also eher: „Der wegen eines Eigentumsdeliktes dringend tatverdächtige Herr H., dessen Namen wir aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht nennen dürfen und für den bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung gilt.“ Da schläft das Kind schon, wenn der Titel vorgelesen ist, was sich die Muttis merken sollten, die ansonsten nach Schulschluss erst einmal zum Manöver der Familienpanzer vorfahren. „Denn du kannst ja den kleinen Moritz-Elias nicht im Fiat Twingo zum Familientherapeuten bringen“, sagen jedenfalls Podewitz.

Veranstaltungsankündigung

Podewitz Macht Schön

Deutschland hat sich sehr verändert. Plötzlich stehen an jeder Straßenecke statt „Imbißwagen“ lauter „Foodtrucks“ rum. Früher war das Land voller „Wut-Bürger“ und jetzt ist es zusätzlich noch voller „Food-Bürger“. Laktose-Mimosen und Bart-Shamponierer führen mit dem E-Scooter ihren Männer-Dutt Gassi. Außerdem werden die Deutschen immer dicker, deshalb kaufen Eltern auch immer gleich einen SUV, denn ohne Allrad kriegt man die Kinder schon gar nicht mehr vom Schulhof. Hilft da vielleicht ein bundesweites Bauchverbot?

In Deutschland wird Datenschutz groß geschrieben. Warum? Weil es ein Substantiv ist! Aber wir stellen auch immer wieder mal die mittel-großen Fragen: Gibt es im Islam auch das Sternzeichen „Jungfrau“ oder heißt es da „72 Jungfrauen“?

Für die Freunde der seriösen Unterhaltung mit Tiefgang und Welt-Niveau liefern wir zusätzlich herrlich handgeschmiedete, philosophische Sentenzen wie zum Beispiel: „Träume sind Bildschirmschoner für`s Gehirn!“ Ja, genau: „Oha!“ Den kann man sich daheim aufs Kissen sticken. Technisch innovativ ist vor allem unser visionäres Show-Konzept: die „Autoritäre Unterhaltung“, ein Abfallprodukt der Weltraumforschung, mit Zwangsmaßnahmen und Strafgedichten, die das Publikum gefügig machen; kurz: Ein Podewitz-Programm schaut man sich nicht an, es stößt einem zu!

Aber das Tollste ist: Sie kriegen zwei Komiker zum Preis von einem! Und wer die erste Hälfte der Show übersteht, kriegt die zweite Hälfte gratis.

02.04.2023: RONDO VOCAL

Kultureller Exportschlager der Grafschaft

Seit 15 Jahren feiert das A-cappella-Quintett Rondo Vocal Erfolge

Die Gemeinde Grafschaft nennt sich „Kornkammer des Kreises“, von hier kommen aber auch preisgekrönte Spirituosen, Kaffee oder die weltbekannten Gummibärchen. Seit 15 Jahren gibt es aber auch einen kulturellen Exportschlager: Rondo Vocal. Das Quintett startete im Jahr 2008 noch als Sextett in der Besetzung mit Jö Küls, Rolf Blechschmidt, Detlef Wronka, Hajo Hecker, Ingo Krämer und Egbert Wronka. Letzterer musste später berufsbedingt passen. Alle anderen blieben Rondo Vocal treu. Hervorgegangen sind sie alle aus dem Männergesangverein Bölinger Liederkranz. Nie verändert haben sie zudem den Namen ihres Programms: „Alles mit dem Mund.“

Jetzt haben Rondo Vocal Geburtstag gefeiert. 15 Jahre sind zwar kein Jubiläum, boten aber dennoch allen Grund zu einem Jubiläumskonzert, zumal das Quintett auch noch eine erste eigene CD präsentierte. Gefeiert wurde im Lantershofener Winzerverein, wo man auf Kulturlant-Veranstaltungen aufsattelte und den ohnehin schon als Theater aufgebauten Festsaal nutzte. Der örtliche Kulturverein kümmerte sich um das drumherum, die Musiker um ihr Festkonzert. Es war nicht die erste vereinsübergreifende Zusammenarbeit. Zuletzt hatten beide Vereine nach der Flutkatastrophe im Ahrtal ein gemeinsames Spendenkonto betrieben und mehr als 100.000 Euro gesammelt und verteilt. Auch das kam an dem Abend zur Sprache, denn Rondo Vocal hatten ihr damaliges soziales Engagement in erster Linie genutzt, um für die Unterstützung traumatisierter Kinder im Ahrtal zu sorgen. Daraus resultierte im Juni 2022 in Ramersbach die Gründung des Vereins „tierisch stAHRk Eifel e.V.“ Dort werden aktuell 30 Kinder in drei Gruppen ganztätig in Therapien mit Pferden betreut, was inklusive Verpflegung ausschließlich aus Spenden finanziert wird. In Lantershofen dankten Erzieherin und Reittherapeutin Heike Holtz mit ihrem Kernteam den Musikern für ihr Engagement mit einigen von den Kindern gemalten Plakaten und Zeichnungen.

Zurück zum Geburtstagskonzert: das war erwartungsgemäß bis auf den letzten Platz ausverkauft, 260 Gäste erlebten einen Abend voller Euphorie, Emotionen und guter Laune, vom ersten Lied bis zur letzten Zugabe. Dabei kamen zahlreiche Musikstile zu Gehör, egal ob Evergreens, Swing, Pop oder Rockmusik. Ohrwürmer der Musikgeschichte luden zum Mitklatschen ein: „Barbara Ann“, „Mein kleiner grüner Kaktus“ oder „Crying in the rain.“ Mal heiter, mal besinnlich, mal gefühlvoll oder rockig. Beim 1990er Scorpions-Hit „Wind of Change“ hatte sich Rondo Vocal eine lyrisch abgewandelte Version einfallen lassen und ging auf den Krieg in der Ukraine ein. Kölsche Tön gab es auch, „Scheiß Mondachmorje“ der Bläck Fööss, vor allem aber deren „In unserem Veedel.“ Das Lied hatten Rondo Vocal beim Aufräumen nach der Flut in Ahrweiler gesungen, danach ging es in den sozialen Medien viral, die „Fööss“ luden Rondo Vocal danach zum Auftritt in die Kölnarena ein. Dass das Quintett sein Programm stets erweitert, bewiesen vier neue Songs, unter anderem Beatles-Klassiker „Penny Lane.“ Ergreifend wurde es schließlich, als beim Basta-Song „Feuerzeug“ beinahe 200 Feuerzeuge aufleuchteten. „Für uns als Sänger ein unerwarteter Anblick“ so Hajo Hecker, der den ganzen Abend über gekonnt und witzig durchs Programm führte und alle 25 vorgetragenen Songs sowie die folgenden Zugaben ankündigte. Am Ende hielten Rondo Vocal es wie die Wise Guys und verabschiedeten sich mit „Wir hatten eine gute Zeit.“ Das Programm wurde durch eine sehenswerte Videoshow abgerundet.

Veranstaltungsankündigung

15 Jahre “A cappella-Quintett „Rondo Vocal“

“Alles mit dem Mund” ist der Titel ihres Bühnenprogramms. Und treffender kann man es kaum beschreiben, wenn Stimmen zu Instrumenten werden. Hier herrscht gute Laune – vom ersten Lied bis zur letzten Zugabe.

Sehr abwechslungsreich durch unterschiedliche Musikstile aus den Bereichen Evergreens, Swing, Pop &Rock. Heiter, besinnlich, gefühlvoll und rockig. Gewürzt mit humorvoller Moderation. Es gibt kaum einen Anlass bei dem die Band nicht auftritt. Bei geeigneter Location wird das Programm durch eine sehenswerte Videoshow abgerundet. Entertainment im besten Sinne.

Unter dem Motto “A cappella-Musik für Alle” sehen Sie sich in einer langen Tradition von Männervokalensembles verschiedener Stilrichtungen. Man denke nur an die “Comedian Harmonists”, in den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts und den zahlreichen Vocal-Pop-Bands in jüngerer Zeit.

Sie verbinden diese verschiedenen Musikstile zu einer Einheit.Und da ist für jedes Alter und jeden Musikgeschmack etwas dabei. Humor, Ironie aber auch geistig, besinnliche Tiefe inbegriffen. Die fünf Freizeitbarden aus Grafschaft-Bölingen lassen nichts unversucht, den Spaß den sie selbst am Singen haben auf ihr Publikum zu übertragen.

www.rondovocal.de